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Rugova scheitert erneut

Anke Mai (BR)10. Januar 2002

Der kosovo-albanische Politiker Ibrahim Rugova hat auch in der zweiten Runde zur Präsidentenwahl die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit verfehlt. Er erhielt nur 50 Stimmen der insgesamt 120 Parlaments-Abgeordneten.

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Ibrahim RugovaBild: AP

Im Kosovo verlieren die Menschen die Geduld. Zwar hat gerade erst eine Umfrage eines internationalen Meinungsforschungs-Instituts herausgefunden, dass die Kosovaren in Sachen Optimismus im weltweiten Vergleich an erster Stelle stehen. 83 Prozent der erwarten demnach eine positive Veränderung in der Zukunft. Doch das dürfte eher auf die Haltung zurück zu führen sein: Es kann ja nur besser werden. Denn der Start ins neue Jahr und der erhoffte historische Neuanfang sind missglückt.

Der Winter hält den Kosovo im eisigen Griff und trotz Millionen-Investitionen sind Elektrizität, Wasser und Heizung Luxuswaren. Zur Zeit bleibt der Strom mal vier Stunden, mal nur eine halbe, um die Menschen anschließend wieder in Dunkelheit und Kälte sich selbst zu überlassen.

Vom Hickhack genervt

Das ist nach wie vor das größte Problem der Kosovaren, und das Hickhack um die künftige Regierung geht vielen Menschen inzwischen gründlich auf die Nerven. Sie sollen jetzt endlich einen neuen Präsidenten wählen, heißt es in Umfragen immer wieder. Die, das sind die Abgeordneten des im November gewählten ersten freien Parlaments des Kosovo.

Eigentlich sollte die nach wie vor südserbische Provinz inzwischen eine funktionierende Selbstverwaltung haben, doch die Pläne scheitern weiterhin am Streit unter den albanischen Parteien. Und nicht nur die eigene Regierung fehlt, zusätzlich ist auch unklar, wer künftig neben dem Kosovo-Präsidenten auf internationaler Seite der starke Mann sein wird.

Ohne UN läuft nichts

Denn der Chefposten der UN-Zivilverwaltung UNMIK ist seit Ende Dezember unbesetzt, seit der Däne Hans Hækkerup den Kosovo mit fliegenden Fahnen verlassen hat. Der UNMIK-Chef aber hat in allen Bereichen das letzte Wort. Er kann auch Regierung und Präsident überstimmen. Solange dieser Stuhl leer bleibt, ist der Kosovo quasi führungslos. Gemunkelt wird, dass der deutsche Diplomat Michael Steiner dieses Amt übernehmen könnte, was die Kosovaren sehr begrüßen würden.

Doch sicher ist nichts. Genau so wenig wie die Frage, ob heute (10. Januar 2002) nun endlich der neue Präsident des Kosovo gewählt werden kann. Ibrahim Rugova, der Chef der gemäßigten Albaner-Partei LDK, kandidiert nun zum zweiten Mal, nachdem die Wahl Mitte Dezember geplatzt war. Der Präsident aber ernennt laut Verfassung die neue Regierung. Und solange er nicht gewählt ist, herrscht weiter Tatenlosigkeit. Rugovas LDK hat zwar die Wahl vom 17. November gewonnen, doch der Parteichef findet im Parlament bislang nicht die nötige Zweidrittel-Mehrheit für das Präsidentenamt. Dazu bräuchte er entweder die zweitgrößte Albaner-Partei PDK des früheren UCK-Führers Hashim Thaci oder die Stimmen der Serben und anderer Minderheiten.

Hass verhindert die Zusammenarbeit

Von Thaci trennt Rugova allerdings eine erbitterte Rivalität und die früheren UCK-Anhänger haben sich geschworen, Rugova auf keinen Fall ihre Stimme zu geben. Auch der verstärkte internationale Druck hat daran bislang nichts geändert. Verhandlungsrunden in der amerikanischen und der französischen Vertretung verliefen ergebnislos. Zu tief sitzt der Hass zwischen den beiden Konkurrenten und eine Zusammenarbeit ist undenkbar. Mindestens ebenso ausgeschlossen ist aber für die meisten Kosovo-Albaner, dass ihr erster international anerkannter Präsident ausgerechnet von den früheren Feinden, den Serben gewählt wird. Das würde Rugova in den Augen vor allem der früheren UCK-Anhänger endgültig unmöglich machen.

Ibrahim Rugova wählt
Ibrahim Rugova von der Demokratischen Liga des Kosovo (LDK) bei der Stimmabgabe für die ersten freien Kommunalwahlen im Kosovo.Bild: AP

Deren Zeitungen nennen ihn bereits den neuen Serbenpräsidenten. Allerdings hat das serbische Bündnis seinerseits klargestellt, dass es keinem Kandidaten zustimmen will, der die Loslösung von Serbien anstrebt. Zumindest in diesem Punkt ist sich Rugova ja mit den anderen Albaner-Parteien einig. Die Unabhängigkeit des Kosovo bleibt das oberste Ziel. Doch bei den Kosovaren macht sich Unbehagen breit. Nach dem Fehlstart in Sachen Selbstverwaltung schwindet die Hoffnung, dass es diese neu gewählte Nationalversammlung schaffen könnte, den Kosovo schnell in die ersehnte Unabhängigkeit zu führen.