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Spiel, Satz und Grand Slam

9. September 2009

Wer im Tennis die vier Turniere in Melbourne, Paris, Wimbledon und New York innerhalb eines Jahres gewinnt, macht sich mit dem Grand Slam unsterblich. So wie Steffi Graf 1988 - und vor allem wie Rod Laver vor 40 Jahren.

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Rod Laver im Finale der US Open 1969. Foto: AP
Rod Laver im Finale der US Open 1969Bild: AP

Der Schweizer Tennisprofi und Weltranglisten-Erste Roger Federer beißt sich schon seit Jahren vergeblich die Zähne daran aus: am Versuch, endlich den Grand Slam zu gewinnen. Also bei den Australian Open, den French Open, auf dem Heiligen Rasen in Wimbledon und bei den US Open innerhalb eines Jahres zu triumphieren. Einer, der ihm das vorgemacht hat, ist der Australier Rod Laver. Er gewann den Grand Slam vor genau 40 Jahren – am 9. September 1969 - sogar schon zum zweiten Mal in seiner Karriere.

Laver mit dem Siegerpokal in Wimbledon. Foto: AP
Laver mit dem Siegerpokal in WimbledonBild: AP

Am Finaltag der US Open - einem Montag - präsentierte sich New York als ungemütliche und regnerische Metropole. Schon am Tag zuvor hatte schlechtes Wetter das Endspiel zwischen den Australiern Rod Laver und Tony Roche unmöglich gemacht, weswegen es auf den Wochenbeginn verschoben wurde. Und so sahen nur knapp 4.000 Zuschauer zu, als Laver auf dem Rasenplatz in Forest Hills im vierten Satz den Matchball zu seinem historischen Triumph verwandelte: 7:9, 6:1, 6:2, 6:2 hieß es am Ende.

Profis erst ab 1968 dabei

Zum ersten Mal überhaupt - und bis heute zum letzten Mal - hatte es ein Tennisspieler geschafft, seinen Grand-Slam-Erfolg zu wiederholen. Denn das Kunststück mit den vier großen Turniersiegen hintereinander war Laver bereits 1962 gelungen. Doch dieser zweite Triumph von 1969 ist deutlich höher einzustufen. Denn erst ab 1968 durften auch Profis an den Grand-Slam-Turnieren teilnehmen - vorher schlugen dort nur Amateure auf. Laver selbst war 1963 ins Profilager gewechselt, musste also im besten Tennisalter von Mitte bis Ende 20 auf mögliche Grand-Slam-Turniersiege verzichten. Am Ende seiner Karriere waren es so insgesamt "nur“ elf.

Linkshänder, rothaarig und vor allem fair

Ein Spieler, der Laver während seiner Karriere mehrmals auf dem Platz gegenüber stand, war der Deutsche Wilhelm Bungert. Er habe gerne gegen den kleinen, rothaarigen Australier gespielt, sagt der heute 70-jährige Bungert: "Das war immer etwas Besonderes. Er war ein unheimlich sympathischer Gegner, der nicht einen einzigen Ball aufgegeben hat. Wir haben uns nichts geschenkt, aber er war ein unheimlich fairer Sportsmann."

Rod Laver wurde am 9. August 1938 geboren - einen Monat später gewann ein gewisser Don Budge aus den USA als erster Tennisspieler überhaupt den Grand Slam. Als Laver es ihm 1969 zum zweiten Mal nachmachte, war er bereits 31 Jahre alt.

Laver schlägt drei Australier und einen Spanier

Wilhelm Bungert 1967 in Wimbledon. Foto: dpa
Wilhelm Bungert 1967 in WimbledonBild: dpa

Das erfolgreichste Jahr seiner Karriere begann für Laver bei den Australian Open in Melbourne mit einem ungefährdeten Finalsieg gegen den Spanier Andres Gimeno. In Paris bei den French Open folgte ein Dreisatzsieg gegen Ken Rosewall und auch in Wimbledon war mit John Newcombe ein Landsmann sein Finalgegner. Linkshänder Laver schlug ihn in vier Sätzen 6:4, 5:7, 6:4, 6:4. Die Krönung folgte dann im dritten australischen Duell gegen Roche in New York.

Dass die Australier damals im Tennissport den Ton angaben, verwundert Wilhelm Bungert nicht im Geringsten. Denn schließlich hatten sie mit Harry Hopman einen legendären Trainer an ihrer Seite, den der Deutsche selbst kennenlernte: "Ich habe mit den Leuten damals in Australien mittrainiert. Da habe ich gemerkt, durch welche harte Schule die gehen. Ich muss den Hut ziehen, was die da gebracht haben."

Kleiner Mann bei Niederlagen ganz groß

Während heutzutage die Australian Open und die US Open auf Hartplätzen ausgetragen werden, war das zu Lavers Zeiten anders: In Melbourne und New York wurde noch auf Rasen gespielt. Laver gewann den Grand Slam also nur auf zwei unterschiedlichen Untergründen: Rasen und Sand. Einige Experten versuchen damit zu erklären, warum seit 40 Jahren kein männlicher Profi mehr den Grand Slam gewinnen konnte. Steffi Graf bei den Frauen ist bisher die einzige, die die großen vier Turniere auf drei unterschiedlichen Belägen für sich entscheiden konnte - 1988 war das.

Ähnlich wie Graf zeigte übrigens auch Laver in seiner Karriere nicht nur großes Tennis. Wilhelm Bungert hat selbst erlebt, welche Größe der Australier selbst nach einer bitteren Niederlage bewies: "Ich habe in Pörtschach in Österreich auf dem Sandplatz gegen ihn gespielt. Vor dem Match hat er gesagt 'The better will win'. Und dann habe ich ihn geschlagen, weil ich mich natürlich voll reingehängt habe. Und da war er nachher ganz normal, er sah das total locker."

Wann setzt sich Federer ein Denkmal?

Rod Laver heute. Foto: AP
Rod Laver heuteBild: DW

Der nur 1,72 m große Rotschopf Rod Laver legte den Holzschläger erst Mitte der 1970er Jahre zur Seite, als er schon auf die 40 zuging. Zum Zeitpunkt seines Karriere-Endes stand der fünfmalige Davis-Cup-Gewinner in der Weltrangliste sogar immer noch unter den besten zehn. Heutzutage hätte es der begnadete Serve-and-Volley-Spieler aber wohl schwer, ganz vorne mitzumischen, vermutet Bungert: "Er war ein schmächtiges Kerlchen, war unheimlich gut zu Fuß, hatte ein sagenhaftes Auge und einen guten Reflex. Aber bei der heutigen Art und Weise, Tennis zu spielen, sind andere Qualitäten gefragt."

Es bleibt die Frage, welcher Profi in naher Zukunft den Grand Slam wenigstens einmal in seiner Karriere gewinnen kann. Laver selbst war im Sommer in Wimbledon und sagte zum Schweizer Weltranglisten-Ersten Roger Federer, er hätte es längst geschafft, wenn nicht der spanische Sandplatzspezialist Rafael Nadal ihm beinahe jedes Jahr in Paris bei den French Open in die Quere kommen würde.

Zum Champion geboren

Auch Wilhelm Bungert glaubt, dass nur der Schweizer in der Lage ist, im Moment alle vier Titel innerhalb eines Jahres zu gewinnen: "Ein echter Grand Slam ist schon verdammt schwierig. Da muss man schon außergewöhnliche Fähigkeiten haben. John Newcombe hat mal vor 25 Jahren gesagt: 'Champions are born and not made by coaches' (Meister werden geboren, nicht von Trainern gemacht). Federer, Laver, das sind einfach andere Typen von Sportlern."

Der mittlerweile in Kalifornien in den USA lebende Laver kann sich also ganz entspannt zurücklehnen. Denn sein zweimaliger Grand-Slam-Erfolg ist eine der wenigen sportlichen Leistungen, die den Titel 'für die Ewigkeit' für sich beanspruchen dürfen.

Autor: Uli Petersen

Redaktion: Stefan Nestler