"Risikofaktor" Hautfarbe
26. April 2002"Ihre Hautfarbe beinhaltet bereits ein Sicherheitsrisiko", sagt ein spanischer Polizist. Er meint Menschen mit dunkler Haut. Amnesty International zitiert den Beamten im jüngsten Rassismus-Bericht. Mit seiner Meinung steht der Mann offenbar nicht alleine. Ausweiskontrollen wegen Hautfarbe oder ethnischer Kleidung gehören zur Tagesordnung. Man müsse nur "fremd" aussehen und schon gerate man in Verdacht kriminell zu sein, erklärt die Menschenrechtsorganisation.
Mein Herz so "weiß"
320 Fälle von Misshandlungen und Folter an Immigranten hat Amnesty International in den letzten sieben Jahren in Spanien gezählt. Menschen aus dem Senegal, Nigeria, Kolumbien und Marokko geraten besonders ins Visier der Ordnungshüter. Grund: Ihr "nicht-spanisches" Aussehen.
Ihr Äußeres macht sie zur Zielscheibe für die Willkür von Behörden. "Männer, Frauen und Kinder wurden beschimpft, misshandelt, grundlos festgenommen und in einigen Fällen gefoltert", stellt die Spanien-Ermittlerin Gillian Fleming von Amnesty International fest.
Derartige Vorfälle gebe es zwar auch in anderen Europäischen Ländern. Spanien sei aber wegen seiner geographischen Lage für zahllose Immigranten ein Tor zu Europa. Darum sei die Regierung in Madrid besonders gefordert. Das Land hat zudem die EU-Ratspräsidentschaft inne. Da erwarten die europäischen Partnerländer eine "weiße Weste" in Sachen Integration von Immigranten.
Der Tod und das Mädchen
Es gibt klare Gesetze gegen diskriminierendes Verhalten in Spanien. Trotzdem kam es vereinzelt zu Todesfällen von inhaftierten Ausländern. Beispielsweise der "Fall Mendes". Der Mann aus Guinea-Bissau starb während der Haft unter ungeklärten Umständen. Drei mal öffneten Gerichtsmediziner seinen Körper. Ergebnis: Die Untersuchungen wurden ein Jahr später eingestellt.
Amnesty liegen auch Berichte vor, Polizeibeamte hätten Frauen vergewaltigt, die keine gültigen Papiere haben. Zur Anzeige gegen die Beamten komme es aber aus Angst vor Ausweisung nie. Bis auf eine Ausnahme: Eine Brasilianerin zeigte ihren mutmaßlichen Peiniger an. Kollegen deckten den Mann jedoch. Zu einer Verhandlung kam es nicht.
"Jagt die Moros"
Auch in der Bevölkerung ist die Lage äußerst angespannt. Ihren Höhepunkt erreichte der Hass gegen Ausländer vor zwei Jahren im 50.000-Seelen-Ort El Ejido. Ein psychisch kranker Marokkaner hatte eine 26-jährige Spanierin ermordet. Hunderte Dorfbewohner jagten noch am selben Abend die so genannten "Moros" durch die Straßen. So nennen Spanier abschätzig Nordafrikaner. Kneipen, Moscheen und Wohnhütten der marokkanischen Landarbeiter gingen in Flammen auf. Die Polizei sah zu.