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Andrea Lueg7. März 2012

Sechs Staaten für Mitt Romney, drei für Rick Santorum, einer für Newt Gingrich. Der Super Tuesday hat vor allem eins gezeigt: Die Republikaner wissen nicht, was sie wollen. Für die Wahlen im November ist das ein Problem.

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Mitt Romney mit Frau Ann und Unterstützern (Foto: dapd)
Mitt Romney mit Frau Ann und UnterstützernBild: AP

Wie schnell das Blatt sich doch wenden kann. "Vor sechs Monaten", sagt Kyle Scott, "sah es angesichts der Wirtschaftslage so aus, als würden die Republikaner die Präsidentschaftswahl garantiert gewinnen." Doch weil sie sich nicht für einen Kandidaten entscheiden können, schwinden die Chancen der Konservativen, erklärt der Politikwissenschaftler von der Duke Universität in North Carolina. Denn es ist ein schmaler Grat zwischen einem Vorwahlkampf, der einen Kandidaten für das eigentliche Duell stählt und einem Duell, nach dem der Sieger schwer angeschlagen in die nächste Runde geht.

Und Mitt Romney, der derzeitige Favorit, ist angeschlagen, sagt Thomas Mann vom Brookings Institut in Washington, der den politischen Prozess schon seit Jahrzehnten beobachtet. "Seine Zustimmungswerte sind gesunken, bei unabhängigen Wählern ist er im Ansehen gefallen, die Demokraten sind geeint in der Opposition und die Republikaner sind misstrauisch und unsicher." Insgesamt, meint der Politikwissenschaftler, habe er noch nie ein so schwaches Kandidatenfeld gesehen. Das liege daran, dass die Republikaner sich in einer Umbruchphase befänden: "Was man hier sieht, ist ein Generationswechsel, bei dem neue Leute an die Spitze kommen müssen."

Zu weit nach rechts gerückt

Außerdem ist der ideologische Rechtsruck der Partei ein Problem, so Mann. Bei den Kongresswahlen vor zwei Jahren hat sich der Einfluss der Tea Party noch positiv ausgewirkt, inzwischen aber "wäre in dieser Partei nicht einmal Präsident Ronald Reagan als Kandidat willkommen." "Offensichtlich suchen die Republikaner den idealen Kandidaten", meint auch Kyle Scott, "den es in der Politik aber nicht gibt." Hier muss Kompromissfähigkeit zeigen, wer Ergebnisse erzielen will.

Die pragmatische Entscheidung wäre eindeutig Mitt Romney. Denn der, darauf weist Kyle Scott hin, sei in der Lage, Stimmen in den Städten zu gewinnen, wie zum Beispiel in Ohio. Und das sei die entscheidende Qualität für den Kampf gegen Präsident Obama, der dort in 2008 punkten konnte. In den ländlichen Gegenden, wo Rick Santorum auf Zuspruch stößt, würden die Republikaner sowieso die Oberhand haben, so der Politikwissenschaftler Scott.

Pragmatiker gegen Idealisten

Die Unwilligkeit der Republikaner, sich hinter einem Kandidaten zu versammeln, sieht Scott auch als Zeichen dafür, dass die Republikaner zersplittert sind. "Es gibt Gruppen, die sehen persönliche Freiheit als höchstes Gut, koste es, was es wolle, und es gibt andere, die betonen traditionelle Familienwerte und die Einzigartigkeit Amerikas." Und diese beiden Werte kollidieren: Wer für einen möglichst kleinen Einfluss der Regierung und persönliche Freiheiten ist, der kann nicht gleichzeitig für Militärinterventionen und gegen gleichgeschlechtliche Ehe sein. Auch müssen die Republikaner eine Entscheidung treffen, wollen sie vereint auftreten.

Rick Santorum (Foto: AP)
Rick SantorumBild: AP

Doch zunächst einmal geht das Rennen der vier so unterschiedlichen Kandidaten um die Präsidentschaftskandidatur weiter, bleibt die Partei hin und hergerissen. Brian Darling von der konservativen Heritage Foundation erwartet allerdings, dass zumindest Newt Gingrich bald das Handtuch wirft: "Newt Gingrich wird es schwer haben, länger dabei zu bleiben, wenn er nicht die nächsten Vorwahlen in Alabama und Mississippi gewinnt."

Weitermachen erhöht den Marktwert

Warum jemand wie Gingrich, der keine wirkliche Chance mehr auf eine Nominierung hat, im Rennen bleibt, erklärt Politikwissenschaftler Kyle Scott: "Je länger man dabei bleibt und je mehr Geld der Gegner ausgeben muss, um einen zu besiegen, desto bessere Kabinettsposten kann man aushandeln, dafür, dass man schließlich doch aus dem Rennen aussteigt." Das Paradbeispiel hierfür findet sich auf der anderen Seite des politischen Spektrums: Hillary Clinton, die jetzige Außenministerin ihres einstigen Rivalen Barack Obama.

Auf den langen Kampf mit glücklichem Ausgang zwischen Clinton und Obama verweist auch Brian Darling, der viele Jahre republikanische Abgeordnete beraten hat. Am Ende würden sich die Republikaner hinter den Kandidaten stellen – wenn auch mit etwas weniger Begeisterung. Das gelte aber für beide Seiten, meint er, angesichts der Enttäuschung vieler Demokraten über Präsident Obama: "Ich glaube, dass bei Konservativen und Liberalen an der Basis etwas die Luft raus sein wird, große Begeisterung für die Kandidaten wird es nicht geben." Die Konservativen würden aber durch die Opposition gegen den Präsidenten geeint.

Alles ist noch möglich?

Den Vorwurf, die Republikaner seien zu weit nach rechts gerückt und selbst Ronald Reagan hätte keine Chance, lässt Darling nicht gelten. "Reagan wurde erst als pragmatisch bezeichnet, nachdem seine Amtszeit zu Ende war, seinen Wahlkampf hat er als konservativer Kandidat gegen das Establishment geführt", sagt er und fährt fort: "Als Präsident werden Mitt Romney oder Rick Santorum eine Politik rechts der Mitte betreiben, und keine rechtskonservative Politik."

Darling ist der Ansicht, dass Rick Santorum tatsächlich noch eine Chance auf die Kandidatur hat – sofern Newt Gingrich bald aussteigt. Beide konkurrieren um die gleiche christlich-konservative Wählerschaft. Ron Paul dagegen, davon sind alle Experten überzeugt, wird wohl bis zum Ende weitermachen – und möglicherweise als dritter Kandidat neben Präsident Obama und seinem republikanischen Herausforderer antreten. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg – und wenn die Wirtschaftsdaten wieder schlechter werden, dann werden die Karten sowieso neu gemischt.

Autorin: Christina Bergmann
Redaktion: Andrea Lueg