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Punktsieg für Teheran

30. März 2006

Der UN-Sicherheitsrat mimt den starken Mann, passt sich aber in Wirklichkeit den Forderungen des Iran an, meint Peter Philipp.

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Rechtzeitig vor dem Berliner Außenministertreffen haben die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates sich auf eine Erklärung zum Streit um die iranische Atompolitik geeinigt. Klingt gut, erinnert aber doch stark an das Märchen von des Kaisers neuen Kleidern. So meint US-Botschafter John Bolten, "der Ball" befinde "sich nun im Feld der Iraner", in Wirklichkeit aber hat der Sicherheitsrat den Ball doch nur zurückgespielt zur Wiener Atomenergiebehörde IAEA. Binnen dreißig Tagen soll diese nun Bericht erstatten, ob der Iran den Forderungen zur Einschränkung seines Atomprogramms nachkomme.

Blockade durch mögliches Veto

Pro forma ist der Sicherheitsrat damit – ohne es auszusprechen - der iranischen Forderung nachgekommen, dass die Atomfrage in Wien und nicht in New York behandelt werden solle. Real aber haben die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats eingestanden, dass sie nicht imstande sind, das Problem zu lösen. Die Rückverweisung an Wien kommt nach tagelangem ergebnislosem Gerangel um eine Resolution mit Biss. Herausgekommen aber ist das genaue Gegenteil. Für den Fall iranischer Widerspenstigkeit werden Sanktionen nicht erwähnt, denn genau in diesem Punkt war man sich uneins: Russland und China lehnen solche Sanktionen ab. Moskau ist stark engagiert im Bau iranischer Atomreaktoren und China setzt auf umfangreiche Öl-Lieferungen aus dem Iran. Beide lassen deswegen keinen Zweifel aufkommen, dass sie Sanktionen gegebenenfalls durch ihr Veto verhindern würden.

Der Ball ist in diesem Spiel keineswegs so leicht zu orten wie John Bolten das vorgibt. Diese Runde des Atomstreits ist nämlich klar an Teheran gegangen: In der ersten Runde kam der Iran vor drei Jahren unter massiven Druck der USA, weil diese ein iranisches Atomwaffen-Programm ausgemacht zu haben glauben. Die zweite Runde ging an die Iraner, weil die EU die amerikanischen Drohungen durch Aufnahme von Verhandlungen entschärfte. Die dritte Runde war unentschieden: EU und Iran konnten sich nicht einigen und Teheran nahm die Konversion und dann auch die ersten Versuche von Uran-Anreicherung wieder auf. Die nächste Runde brachte einen Punktsieg der Amerikaner, weil die IAEA den Fall an den Sicherheitsrat verwies.

Gestärktes Teheran

Und nun die Rückkehr nach Wien: Was wäre das anderes als eine Runde für Teheran? Der Iran nämlich hat sich bisher nichts vergeben, er hat beharrlich auf seinem unbestrittenen Recht bestanden, Uran für friedliche Zwecke anzureichern und niemand hat ihm bisher die unterstellten unlauteren Ziele seiner Atomforschung nachweisen können. Spätestens jetzt sieht Teheran sich außerdem bestätigt, dass Washington als Papiertiger auftritt: Der Gang zum Sicherheitsrat hat nichts gebracht, wirkungsvolle wirtschaftliche und diplomatische Sanktionen, erst recht aber militärische Maßnahmen sind heute unwahrscheinlicher denn je. Gegen letzteres spricht, dass die USA bereits mehr als genug Probleme im Irak haben.

Ein derart gestärktes Teheran wird deswegen noch weniger als bisher bereit sein, auf die Forderungen der Amerikaner einzugehen. Kaum Grund für Washington, stolz auf den Beschluss des Sicherheitsrates zu sein: Was nicht ist, kann auch nicht herbei geredet werden …