1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Poker um heilige Stätte in Nadschaf

23. August 2004

Die Lage in der Pilgerstadt Nadschaf bleibt verworren: Nach Informationen von El Dschasira kontrollieren die Milizen des radikalen Schiitenpredigers Muktada el Sadr weiterhin die umkämpfte Imam-Ali-Moschee.

https://p.dw.com/p/5T5U
In der Imam-Ali-Moschee haben sich die Milizionäre von el Sadr verschanztBild: AP


"Wir wollen die Moschee an die religiösen Institutionen übergeben, die das Recht haben, diese zu kontrollieren", erklärte Scheich Ahmed al-Scheibani am Samstag (19.8.) vor Journalisten. Dazu werde er sich mit Vertretern des einflussreichsten Schiiten-Geistlichen des Landes, Großajatollah Ali el Sistani, treffen. Ein Zeitpunkt sei aber noch nicht festgesetzt. Auch Muktada el Sadr selbst sei willens, die umkämpfte Moschee an die schiitische Geistlichkeit zu übergeben, ließ einer seiner Berater wissen. Doch die Milizionäre des radikalen Predigers und die Vertreter des Großajatollahs sind sich weiter im Unklaren über die Modalitäten.

Hin und Her

Vertraute el Sadrs versuchten nach eigenen Angaben zwar bereits am Samstag Morgen, die Schlüssel für den heiligen Schrein des Imam Ali auszuhändigen, Al Sistanis Vertreter hätten jedoch darauf bestanden, dass die Militanten zuerst die Moschee räumten, hieß es. Die Kämpfer el Sadrs wiederum wollen erreichen, dass zunächst eine Delegation Al Sistanis die Moschee in Augenschein nimmt. Dabei solle bestätigt werden, dass die Heiligtümer unbeschädigt seien, um möglichen späteren Vorwürfen vorzubeugen, erklärte Scheich Ali Smeisim, ein Vertrauter el Sadrs. Vertraute des Großajatollahs Sistani erklärten allerdings, wegen der unsicheren Lage in Nadschaf werde keine Delegation entsandt. Der Ajatollah selbst befindet sich wegen einer Herzoperation in London.

Hart umkämpft

El Sadr hatte sich mit Kämpfern seiner Miliz in Nadschaf verschanzt und lieferte sich seit Anfang August heftige Gefechte mit irakischen Sicherheitskräften und US-Soldaten. Dabei wurden innerhalb von nur zwei Wochen hunderte Menschen getötet. Zuletzt wurden die Gefechte im unmittelbaren Bereich der Iman-Ali-Moschee ausgetragen. Auch am Samstag herrschte noch keine Waffenruhe. Vor dem Angebot zur Übergabe der Schlüssel hatte die irakische Übergangsregierung mit der Erstürmung des Schreins gedroht. Daraufhin entfernten die Militanten schließlich ihre Waffen aus der Moschee. Sie hielten sich jedoch am späten Abend weiter auf dem Gelände des Heiligtums auf. Der derzeitige Aufenthaltsort von el Sadr selbst ist allerdings unklar.

Politische Lösung möglich?

Der Aufstand in Nadschaf ist die bislang größte Herausforderung der Übergangsregierung seit ihrem Amtsantritt Ende Juni. Eine friedliche Beilegung des Konflikts wäre ein enormer politischer Erfolg für Premier Allawi. Eine Erstürmung der Moschee könnte jedoch die schiitische Bevölkerungsmehrheit provozieren, vor allem dann, wenn US-Soldaten beteiligt sein sollten. Nadschaf ist den Schiiten in aller Welt heilig wegen des Schreins von Imam Ali bin Abi Talib, Cousin und Schwiegersohn des Propheten Mohammed. Scheich Ahmed al-Scheibani forderte die irakische Regierung zu einer friedlichen Lösung des Konflikts auf. Aber: "Die Mehdi-Miliz wird weiter die Moschee und ganz Nadschaf verteidigen, denn Nadschaf ist eine heilige Stadt", fügte der Scheich hinzu. "Amerikaner werden in Nadschaf nicht geduldet." Vor dem Hintergrund der Spannungen in Nadschaf forderte die iranische Regierung einen Krisengipfel der Islamischen Konferenz (OIC) zur Lage im Irak. Die syrische Regierung erklärte ihre Unterstützung für die iranische Initiative. (arn)