1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Obamas Sorgenkinder

29. April 2009

100 Tage ist Barack Obama nun im Amt. Außenpolitisch hat ihm sein Vorgänger ein schwieriges Erbe hinterlassen. Besonders anspruchsvoll ist der Umgang mit den ehemaligen "Schurkenstaaten" Nordkorea und Iran.

https://p.dw.com/p/HgWh
Symbolbild Atompolitik Nordkorea/Iran (Montage: DW)
Die Atompolitik Nordkoreas und des Iran machen Obama zu schaffenBild: picture-alliance/ dpa / DW-Montage

Die weltweite Begeisterung über den Wechsel von George W. Bush zu Barack Obama hat dem neuen US-Präsidenten in vielen Staaten dieser Welt einen beachtlichen Vertrauensvorschuss eingeräumt, der sich freilich langsam abzutragen beginnt, wenn es Obama nicht gelingt, den guten Worten entsprechende Taten folgen zu lassen. Dies gilt für die Zukunft des Nahen Ostens ebenso wie für die Frage Afghanistan und Pakistan, den Umgang mit der islamischen Welt im allgemeinen sowie den mit religiös begründetem Radikalismus. Es gilt aber ganz besonders für die Frage der Verbreitung oder Nichtverbreitung von Atomwaffen. Und da geht es vor allem um Nordkorea und den Iran, die sich beide zu besonderen "Sorgenkindern" Obamas entwickeln.

Nordkorea demonstriert seine Macht

UN-Sicherheitsrat (Foto: AP)
Der UN-Sicherheitsrat verurteilt Nordkorea für seinen RaketentestBild: AP

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass der neue US-Präsident gerade seine visionäre Prager Rede vom Abbau der Atomwaffen-Arsenale in aller Welt hielt, während in Nordkorea eine neue Langstrecken-Rakete getestet wurde. Der Hauptzweck dieser Aktion war wohl weniger, die Japaner zu irritieren und einzuschüchtern, über deren Köpfe hinweg der Testflug verlief, als vielmehr den USA zu demonstrieren, dass Nordkorea früher oder später in der Lage sein wird, Atombomben Tausende von Kilometer zu transportieren und dass es deswegen von Washington besser ernst genommen werden sollte.

Die Führung in Pjöngjang hatte zunächst begrüßt, dass Obama von Offenheit und Dialogbereitschaft sprach, sie war aber dann wahrscheinlich doch enttäuscht, dass der - inzwischen auch von Nordkorea erhoffte - Dialog erst zustande kommen soll, wenn die Atomfrage mit Nordkorea geregelt ist. Und nicht etwa, dass die Atomfrage eines der Themen des Dialoges werden soll.

Reicht Obamas Charme-Offensive?

Obama und iranische Flagge (Montage: DW)
Obama reichte dem Iran die HandBild: picture-alliance/ dpa / DW-Montage

Unter George W. Bush hatte die Verteufelung von Ländern wie Nordkorea und dem Iran einen Dialog und Ausgleich mit diesen verhindert. Die erklärte Charme-Offensive Obamas könnte nun dasselbe bewirken. Sobald sich nämlich erweist, dass der Dialog nicht um seiner selbst willen gefordert und gefördert wird, setzt das Misstrauen ein und behindert die Normalisierung.

Im Iran ist die Lage nicht viel anders als in Nordkorea: Auch von Teheran erwartet die neue US-Führung, dass es das - ihm unterstellte - Streben nach Atomwaffen ein für allemal abstellt. Die Reaktion ist eindeutig: Niemand werde den Iran zwingen können, auf "friedliche Atomforschung" zu verzichten. Auch der freundlichste Präsident im Weißen Haus nicht. In Teheran hat man aber auch erkannt, dass es durchaus Sinn machen könnte, das Eis der letzten dreißig Jahre mit den USA zu brechen und einen Neubeginn zu wagen, den viele Iraner ohnehin längst wollen. In politischen Führungskreisen des Iran versucht man nun, die Avancen Obamas nicht nur abzulehnen, sondern "grundsätzlich zu begrüßen". Gleichzeitig aber sicherzustellen, dass der Iran für diesen Dialog nicht über seinen eigenen Schatten springen muss.

Aufarbeitung der Vergangenheit

Obama und Ahmadinedschad (Montage: DW)
Gerät der Iran durch Obamas Umarmungspolitik unter Druck?Bild: AP / DW Fotomontage

Selbst Präsident Mahmud Ahmadinedschad hatte Obamas Dialog-Vorschlag grundsätzlich begrüßt, er steht aber im Frühsommer zur Wahl, und es ist fraglich, ob Washington gerade einem Mann wie ihm Wahlhilfe leisten würde, indem es einen Dialog mit ihm aufnimmt. Und nach dem Auftritt von Ahmadinedschad auf der Genfer Antirassismus-Konferenz ist nicht vorstellbar, dass gerade er in absehbarer Zeit ein Gesprächsangebot der USA erhält.

Obwohl beide Seiten viel miteinander zu diskutieren und zu klären haben: Nicht nur die Aufarbeitung der unseligen Vergangenheit mit ihrer massiven amerikanischen Einmischung im Iran, sonder auch und besonders die Behandlung der akuten Krisenherde der Region - Irak und Afghanistan. Im Gegensatz zum israelisch-palästinensischen Konflikt herrscht hier sogar eine weitgehende Interessengemeinschaft zwischen Washington und Teheran.

Dialog ohne Vorbedingung?

Im Gegensatz zu Nordkorea kann der Iran bisher allerdings etwas mehr Flexibilität von Seiten der USA erwarten. So gab es bereits wiederholt - bisher aber unbestätigte - Hinweise aus Washington, Obama könne bereit sein, keine Vorbedingungen mehr zu stellen für die Aufnahme eines Dialoges mit Teheran. So sei er angeblich sogar bereit, die Forderung nach einer Einstellung der Uran-Anreicherung fallen zu lassen.

Treffen diese Hinweise zu, dann wäre ein wichtiger erster Schritt gemacht zu Verhandlungen "auf gleicher Augenhöhe". Selbst Teheraner Hardliner werden sich dem nur schwer widersetzen können, und in Washington trüge man lediglich der Realität Rechnung. Unter anderem der, dass sich auch bei der Wahl eines anderen iranischen Präsidenten nichts an der Haltung Teherans in der Atomfrage ändern wird.

Autor: Peter Philipp

Redaktion: Diana Hodali