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Die Griechen haben das Wort

5. Juli 2015

"Nai" oder "Oxi" - heute werden die Griechen entscheiden. Akzeptieren sie die Sparpläne der Gläubiger, oder erhoffen sie sich ausgerechnet durch ein Nein eine bessere Verhandlungsposition gegenüber den Geldgebern?

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Wahlplakate vor dem Referendum in Griechenland (Foto: Getty Images)
Bild: Getty Images/C. Furlong

Nach den ergebnislosen Verhandlungen über weitere Finanzhilfen ist in Griechenland nun Volkes Stimme gefragt. Die Menschen sollen in einem Referendum darüber abstimmen, ob sich das Land strengen Sparvorgaben beugt oder den internationalen Gläubigern weiter die Stirn bietet. Bereits am frühen Morgen haben überall im Land die Wahllokale geöffnet. Regierungschef Alexis Tsipras warb bis zuletzt eindringlich für ein Nein zu den Auflagen von Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission. Sein Finanzminister Yanis Varoufakis warf den Gläubigern in einem Interview mit der spanischen Zeitung "El Mundo" sogar "Terrorismus" vor. Umfragen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus.

Varoufakis hielt seinem deutschen Kollegen Wolfgang Schäuble vor, bereits seit mehreren Jahren einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone zu befürworten. Bereits im Jahr 2012 habe der CDU-Politiker "deutlich gemacht, dass er einen Grexit bevorzugen würde", sagte Varoufakis der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Europa habe zudem beschlossen, die griechische Führung "zu erpressen, damit wir einen Vertrag unterschreiben, der für niemanden gut ist", kritisierte der Minister. Viele Griechen sehen in Schäuble einen Hauptverantwortlichen für die harten internationalen Sparvorgaben. Mit Einschnitten müssten unter anderem die Renter rechnen.

Wiener Amtskollege erwartet ein Ja

Österreichs Finanzminister Hans-Jörg Schelling rechnet beim entscheidenden Referendum in Griechenland mit einer Mehrheit für den Spar- und Reformkurs der Gläubiger. "Ich denke, dass am Ende die Vernunft siegt, weil das griechische Volk weiß, dass es nicht nur um die Zukunft des Euro geht, sondern um die Zukunft von Griechenland, und damit um ihre eigene Zukunft", sagte Schelling der "Welt am Sonntag".

Dagegen erklärte sich der Chef der aufstrebenden spanischen Protest-Partei Podemos, Pablo Iglesias, mit der Regierung in Athen solidarisch. Diese antworte mit Demokratie auf die "Tyrannei" der Gläubiger, sagte Iglesias in Vigo. Zugleich kritisierte er die Geldgeber aus EU-Kommission, IWF und EZB scharf. Diese versuchten, den Menschen in Griechenland und auch in Spanien mit Drohungen Angst einzujagen.

Griechenland Premierminister Alexis Tsipras am 3. Juli 2015 (Foto:)
Premier Tsipras will sich den Sparvorgaben der Gläubiger nicht beugenBild: picture alliance/Photoshot

Referendum als politisches Signal wichtig

Eigentlich stimmen die knapp zehn Millionen registrierten Wähler über die Bedingungen für ein Hilfsprogramm ab, das längst ausgelaufen ist. Bis vergangenen Dienstag hätten sich die Regierung in Athen und die Gläubiger auf die Bedingungen für die Auszahlung weiterer Milliarden einigen müssen. Als politisches Signal ist die Volksabstimmung jedoch wichtig. De Regierung Tsipras erhofft sich davon Rückendeckung für ihren Kurs, nicht auf die internationalen Sparvorgaben einzugehen. Mit einem Mandat der Bevölkerungsmehrheit könnte Athen aus einer besseren Position heraus ein neues Hilfsprogramm aushandeln – so hofft Tsipras.

Ob dieses Kalkül aufgehen könnte, ist jedoch ungewiss. Europäische Politiker betonten immer wieder, dass bei einem Nein zu den Spar- und Reformprogrammen die weitere Zugehörigkeit des Landes im Euro gefährdet sei. Weil Athen seine letzte Schuldenrate beim IWF nicht zahlte, gilt es als zahlungsunfähig. Die Banken sind bereits seit Tagen geschlossen und geben allenfalls nur noch kleine Euro-Beträge an Automaten aus.

Pläne zur Teilenteignung dementiert

Der Chef der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) will derweil von Plänen zur Teilenteignung von griechischen Bank-Kunden nichts wissen. "Ich bezweifele stark, dass irgendeine Behörde oder öffentliche Einrichtung der EU oder eines Mitgliedslandes diese Option in Erwägung zieht", sagte Andrea Enria. Die EU werde vielmehr die privaten Bank-Kunden in Griechenland und jedem anderen Mitgliedsstaat schützen. Die "Financial Times" hatte zuvor berichtet, griechische Geldhäuer bereiteten Notfallpläne vor, um mit einem Zugriff auf Kundenkonten eine Pleite abzuwenden. Es seien Abschläge von mindestens 30 Prozent auf Einlagen von mehr als 8000 Euro geplant. Auch Varoufakis hatte den Bericht bereits dementiert.

ago/sc (afp, dpa, FAS, rtr, APE)