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Neue Verfassung für den Präsidenten Turkmenistans

5. Juni 2008

Angeblich auf Drängen der Bevölkerung will die turkmenische Staatsmacht mit einer Verfassungsreform auch das Regierungssystem des Landes ändern. Präsident Berdymuhammedow würde dadurch seine Macht noch weiter ausbauen.

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Palast des Präsidenten in AschgabatBild: dpa

In Turkmenistan hat die Verfassungskommission getagt. Ihre Sitzung stand unter dem Motto "Die Verfassung Turkmenistans in der Epoche der großen Wiedergeburt". Sie wurde vom turkmenischen Präsidenten Gurbanguly Berdymuhammedow persönlich geleitet.

Turkmenistan neuer Präsident Gurbanguli Berdymukhamedov
Gurbanguly Berdymuhammedow ist seit Anfang 2007 StaatsoberhauptBild: AP

Während des Treffens wurde vorgeschlagen, die Amtszeit des turkmenischen Präsidenten von fünf auf sieben Jahre zu verlängern und den Halk Maslahaty, den Volksrat, abzuschaffen. Dieser besteht derzeit aus rund 2.500 Mitgliedern aus allen Teilen des Landes. Im Zuge mehrerer Verfassungsänderungen wurden die meisten Befugnisse des Medschlis, des eigentlichen Parlaments, an den Volksrat übertragen. Die letzte Parlamentswahl fand 2004 statt. Damals durften nur Kandidaten der Regierungspartei "Demokratische Partei Turkmenistans" antreten.

Reform auf "Verlangen der Bürger"

Nach Angaben turkmenischer Medien erklärte die Vorsitzende des turkmenischen Parlaments, Akdscha Nurberdyjewa, im Medschlis seien Hunderte Vorschläge von Betriebsbelegschaften, Einrichtungen und einzelner Bürgern eingegangen, die in ihrer Mehrheit eine Verlängerung der Amtszeit des turkmenischen Präsidenten von fünf auf sieben Jahren anregten. Dies würde dem Staatsoberhaupt genug Zeit verschaffen, sein langfristiges Regierungsprogramm umzusetzen.

Viele Vorschläge betreffen Presseberichten zufolge den Status des Volksrates. Dieser solle in einen Ältestenrat umgewandelt werden. Aus einem legislativen Organ soll demnach ein konsultatives werden. Die Beschlüsse des Volksrates hätten dann nur noch empfehlenden Charakter. Das hätte zur Folge, dass die gesamte Macht auf den Präsidenten übergehen würde. Ferner werde vorgeschlagen, die Anzahl der Abgeordneten des Medschlis von 65 auf 125 zu erhöhen. Auf diese Weise solle die Vertretung der Bevölkerung in dem obersten gesetzgebenden Organ erweitert werden.

Staatsmacht "demokratisiert" Beschlüsse

Turkmenistan - Hauptstadt Ashchabad
Stadtansicht von AschgabatBild: picture-alliance/dpa

Nach einer von der Deutschen Welle auf den Straßen der turkmenischen Hauptstadt Aschgabat durchgeführten Umfrage sind die meisten Bürger über die Verfassungsreform im Lande nicht informiert. Nur ein geringer Teil der Befragten erklärte, von der Sitzung der Kommission aus der Presse erfahren zu haben. Die Bevölkerung weiß über Politik wenig und ist am politischen Leben des Landes nicht beteiligt. Unter Berdymuhammedows Amtsvorgänger Saparmurat Nijasow haben sich die Menschen daran gewöhnt, dass nichts von ihrer Meinung abhängt und der Präsident über alles entscheidet.

Was die Briefe und Vorschläge der Belegschaften und Bürger betrifft, so werden sie in der Regel von Mitarbeitern der Medien, in denen sie veröffentlicht werden, selbst verfasst. Auf diese Weise versucht die turkmenische Staatsmacht, eigene Beschlüsse demokratisch erscheinen zu lassen. Im Vorfeld wichtiger politischer Ereignisse im Lande beauftragen meist die Chefredakteure selbst die Korrespondenten, jene angeblich von Belegschaften, Lehrern, Arbeitern, Staatsbediensteten, Rentnern oder einzelnen Bürgern stammenden Briefe zu schreiben.

Alte Methoden unter neuem Präsidenten

Bereits unter Präsident Nijasow wurden alle politischen Beschlüsse "auf Bitten der Bürger" gefasst. So wurde auf "Drängen der Öffentlichkeit" Nijasow die Präsidentschaft auf Lebenszeit verliehen. In der neuen Verfassung Turkmenistans soll das "Recht jeder Familie auf eine erschwingliche eigene Wohnung als unerlässliche Bedingung für eine zivilisierte Existenz" festgeschrieben werden. Das erklärte während der Sitzung der Verfassungskommission Präsident Berdymuhammedow. Schon Präsident Nijasow hatte zu Beginn seiner Präsidentschaft erklärt, im Jahr 2000 werde jede turkmenische Familie zwei Autos besitzen.

A. Berdyjewa, V. Volkov