Minimaler Klima-Kompromiss in letzter Minute
19. Dezember 2009Kurz vor dem Ende des Klimagipfels in Kopenhagen haben sich die wichtigsten Kontrahenten doch noch zusammengerauft - auf einen Minimal-Kompromiss. Vertreter von rund 25 Staaten verständigten sich am Freitagabend (18.12.2009) auf den Text für eine gemeinsame politische Erklärung. Einig sind sich die Spitzenpolitiker aus wichtigen Industrie- und Schwellenländern darin, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad zu begrenzen.
Konkrete Ziele fehlen
Wie dieses Ziel erreicht werden soll, wurde allerdings nicht festgelegt. Bis Januar 2010 sollen nun alle Länder ihre Ziele zur Reduktion von Treibhausgasen vorlegen. Festgehalten sind in der Erklärung dagegen Finanzhilfen für die Entwicklungsländer. Mit dem Geld sollen diese in ihrem Kampf gegen den Klimawandel unterstützt werden. Die EU stellt demnach bis 2012 insgesamt 10,6 Milliarden Dollar bereit. Die USA und Japan sagten 3,6 Milliarden und elf Milliarden Dollar zu.
Kurz nach der Einigung hat Obama Kopenhagen verlassen. Die Einigung sei "sinnvoll" und "beispiellos", sagte er vor seinem Abflug. Allerdings reiche sie im Kampf gegen den Klimawandel nicht aus und könne nur ein Zwischenschritt zu einem rechtlich bindenden Abkommen sein.
Lob und Kritik
Von einem "ernüchternden" Ergebnis sprach die Umweltorganisation Greenpeace. Viele Nichtregierungsorganisationen kritisierten, dass sich der Klimagipfel nicht auf konkrete Verpflichtungen zur Reduzierung von Treibhausgasen einigen konnte. "Die internationale Klimapolitik steht vor einem Scherbenhaufen", erklärte das evangelische Hilfswerk "Brot für die Welt". Das Ergebnis sei "eine Katastrophe für die ärmsten Länder", sagte der Vorsitzende des Umweltverbands Friends of the Earth International, Nnimmo Bassey.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte, er könne seine Enttäuschung kaum verbergen. Zufrieden zeigte sich dagegen die chinesische Delegation in Kopenhagen. "Das Treffen hatte ein positives Ergebnis, jeder sollte zufrieden damit sein", sagte Verhandlungsführer Xie Zhenhua. Er hob hervor, dass China seine nationalen Interessen und seine Souveränität gewahrt habe.
Deutsche Kritik an China
Bundeskanzler Angela Merkel (CDU) sagte, die Zustimmung zu dem Kompromisspapier sei ihr "sehr schwergefallen". Schlimmer wäre es aber gewesen, wenn die Verhandlungen ergebnislos abgebrochen worden wären. "Wir sind einen Schritt gegangen, wir hätten uns aber mehr Schritte gewünscht."
Auch Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) äußerte sich zurückhaltend. "Wir brauchen die großen Emissionsländer USA und China und darum muss man Kompromisse machen, auch wenn sie wehtun", sagte er der ARD. Wichtig sei, dass die Erderwärmung nicht höher als zwei Grad ausfallen dürfe. China habe eine weitergehende Einigung blockiert, kritisierte Röttgen. Weder eine Verpflichtung für alle Staaten, den CO2-Ausstoß um 50 Prozent zu mindern, noch eine für die Industriestaaten, diese Emissionen bis 2050 um 80 Prozent zu senken, habe China akzeptiert.
Fortsetzung in Bonn
Die Klimaverhandlungen sind mit dem Gipfel von Kopenhagen noch nicht zu Ende. In etwa einem halben Jahr werde es in Bonn ein neues Klimatreffen geben, sagte der französische Präsident Nicolas Sarkozy am Freitagabend in Kopenhagen. Dort solle dann die Klimakonferenz vorbereitet werden, die für Ende 2010 in Mexiko geplant ist.
Merkel regte zudem die Gründung einer UN-Umweltorganisation an. "Wir brauchen eine UN-Umweltorganisation, die genauso kraftvoll ist wie die Welternährungsorganisation (FAO) oder die Weltgesundheitsorganisation (WHO)", sagte die Kanzlerin. Die Umweltorganisation solle dann auch den Klimaschutzprozess kontrollieren. Am Rande des Gipfels sei darüber gesprochen worden, sagte Merkel. Das bestehende UN-Umweltprogramm (UNEP) und das UN-Klimasekretariat (UNFCCC) sollten in der neuen Behörde aufgehen.
Autor: Dirk Eckert (afp, dpa, rtr)
Redaktion: Stephan Stickelmann