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Merkels erster Tag in Europa

23. November 2005

Deutsch-französische Achse, EU-Verfassung, EU-Finanzen, Irak-Krieg, Rolle der NATO und die transatlantische Freundschaft - bei ihrer ersten Auslandsreise warteten viele Themen auf die neue deutsche Bundeskanzlerin.

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Bild: AP
Angela Merkel bei Jacques Chirac Frankreich Pressekonferenz
Angela Merkel bei Jacques ChiracBild: AP

Bei ihrem Antrittsbesuch in Paris und Brüssel hob Merkel am Mittwoch den "Geist der Kontinuität" hervor. Nach einem Mittagessen mit dem französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac im Elysee-Palast sagte Merkel, Europa müsse die Herausforderungen gemeinsam bewältigen. "Deutschland und Frankreich mit ihren Vorstellungen von der sozialen Marktwirtschaft, von der Globalisierung, sollten Motor sein." Chirac sagte: "Wenn wir uns nicht verstehen, dann tritt das System auf der Stelle."

Merkel kündigte an, dass der so genannte Blaesheim-Prozess der regelmäßigen informellen Gipfeltreffen zwischen beiden Seiten fortgeführt werde. Am 8. Dezember ist das nächste Treffen in Berlin geplant, bevor die EU-Staats- und Regierungschefs am 15. und 16. Dezember zu ihrem regulären Gipfel in Brüssel zusammenkommen.

Konzentration auf Reformen gefordert

Merkels Antrittsbesuch bei Jose Manuel Barosso
Merkels Antrittsbesuch bei BarossoBild: AP

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso begrüßte Merkel auf Deutsch und rief andere Länder auf, dem europapolitischen Kurs der Bundesregierung zu folgen. Der Besuch Merkels nur einen Tag nach ihrer Wahl sei "ein klares Zeichen, dass die Europäische Union im Zentrum Ihrer Agenda steht". Barroso appellierte an die britische EU-Ratspräsidentschaft, eine Einigung über die EU-Finanzierung zu ermöglichen.

Zum gegenwärtigen Finanzstreit in der EU wollte Merkel noch nicht Stellung nehmen. Es wäre "heute verfrüht", sich zu den laufenden Verhandlungen zu äußern. Zunächst wolle sie die Vorschläge der britischen Präsidentschaft für die EU-Finanzplanung von 2007 bis 2013 abwarten.

Nach einem Treffen mit EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso mahnte Merkel Wirtschaftsreformen in Europa an. Die EU müsse sich auf Reformen konzentrieren, "um in der globalen Welt mithalten zu können", sagte Merkel und fügte hinzu: "Wir können unser soziales Modell nur durchsetzen, wenn wir wirtschaftlich stark sind."

Mit Blick auf die umstrittenen Dienstleistungsrichtlinie sagte Merkel, es mache "keinen Sinn, gegenseitige Feindbilder aufzubauen". Gebraucht würden konstruktive und pragmatische Lösungen. "Die Zeit von großen ideologischen Grabenkämpfen ist vorbei", sagte Merkel. Erforderlich seien dazu konstruktive und pragmatische Lösungen. "Die Zeit von großen ideologischen Grabenkämpfen ist vorbei."

Europa braucht die Verfassung

Zugleich betonte Merkel, dass sie an der geplanten EU-Verfassung festhalten wolle. "Europa braucht diesen Verfassungsvertrag, und deshalb werden wir weiter dafür eintreten", sagte sie nach einem Treffen mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, Josep Borrell. Der Prozess dürfe "auf gar keinen Fall" beendet werden. Um das Vertrauen der Menschen wiederzugewinnen, müsse Europa aber unter Beweis stellen, dass es entscheidungsfähig sei.

NATO soll politischer werden

Merkels Antrittsbesuch bei Jaap de Hoop Scheffer
Merkels Antrittsbesuch bei Jaap de Hoop SchefferBild: AP

NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer versicherte Merkel bei ihrem Treffen in Brüssel, dass Deutschland zu seinen Verpflichtungen im Bündnis stehe. Merkel betonte aber, dass auch die neue Bundesregierung keine deutschen Soldaten zur Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte nach Bagdad entsenden werde. Es bleibe dabei, dass sich Deutschland an der entsprechenden NATO-Mission nur in den irakischen Nachbarstaaten beteilige.

Mit Blick auf die transatlantischen Beziehungen sagte Merkel, die NATO solle nicht nur eine militärische Allianz sein, sondern auch ein politisches Bündnis. Die transatlantischen Beziehungen könnten weiterentwickelt werden. De Hoop Scheffer sagte, der schnelle Besuch Merkels zeige die Bedeutung, die Deutschland der NATO beimesse. Mit Blick auf die Beziehungen zu den USA mahnte sie, dass die Allianz "wieder verstärkt der Ort sein sollte, an dem man zuerst über politische Fragen spricht". (kas)