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Merkel bleibt hart in Sachen Euro

23. November 2011

Kanzlerin Merkel bleibt hart: Die Staatsschulden im Euroraum sollen nicht vergemeinschaftet werden. Im Bundestag wirft ihr die Opposition deshalb Arroganz gegenüber den Nachbarn vor.

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Berlin/ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht am Mittwoch (23.11.11) in Berlin im Bundestag waehrend der Haushaltsdebatte. Mit der Generaldebatte zum Kanzleretat setzt der Bundestag in Berlin seine Haushaltsberatungen fort. Dabei wird die Debatte zu dem relativ kleinen Etat von der Opposition traditionell zur Generalabrechnung mit der Politik der Bundesregierung genutzt. Die Beratung gilt als Hoehepunkt der Haushaltswoche. (Foto: Maja Hitij/dapd
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im BundestagBild: dapd

Es war kein leichter Spagat für Angela Merkel: Nach einer fünfminütigen emotionalen Gedenkrede, in der sie im Bundestag die Namen der zehn Opfer einer jüngst aufgedeckten mutmaßlich rechtsextremistischen Mordserie verlas, musste die Kanzlerin zum harten Tagesgeschäft übergehen. Und das heißt derzeit vor allem: Eurokrise.

Üblicherweise ist die Debatte über den Haushalt des Kanzleramtes im Bundestag der formale Rahmen für eine Generalabrechnung der Opposition mit der Regierungspolitik. Doch anders als so oft zuvor, interessierte diesmal die Rede der Kanzlerin mehr als die Kritik der Opposition.

Berlin/ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht am Mittwoch (23.11.11) in Berlin im Bundestag waehrend der Haushaltsdebatte. Mit der Generaldebatte zum Kanzleretat setzt der Bundestag in Berlin seine Haushaltsberatungen fort. Dabei wird die Debatte zu dem relativ kleinen Etat von der Opposition traditionell zur Generalabrechnung mit der Politik der Bundesregierung genutzt. Die Beratung gilt als Hoehepunkt der Haushaltswoche (Foto: dapd)
Zu Eurobonds auf Abwehr: Kanzlerin MerkelBild: dapd

Merkel: "Das klappt nicht"

Blick in den Plenarsaal des Bundestages Foto: Michael Kappeler/dapd
Zur Haushaltsdebatte gut gefüllt: Plenarsaal im BundestagBild: dapd

Die Europäische Zentralbank solle auch künftig nicht endgültig zum schrankenlosen Staatsfinanzierer werden, sondern vor allem für Geldwertstabilität zuständig sein, so Bundeskanzlerin Angela Merkel. Und sie halte es "für außerordentlich bekümmerlich und unpassend, dass die Europäische Kommission jetzt Eurobonds in verschiedener Ausprägung" vorschlage, sagte Merkel in Richtung Brüssel. Die "kommunikative Wirkung" werde sein, man könne durch Vergemeinschaftung der Schulden aus den strukturellen Mängeln der Europäischen Währungsunion herauskommen. Genau das werde nicht klappen. Sie wies damit unverblümt die Ideen von EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso für Gemeinschaftsanleihen zurück.

Man dürfe "das Pferd nicht von hinten aufzäumen". Zunächst müsse man dafür sorgen, dass Regeln des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes eingehalten würden, der bisher bereits 60 Mal verletzt worden sei, ohne dass dies ernsthafte Konsequenzen für den Sünderstaat gehabt habe. Deutschland will deshalb unter anderem vertraglich festschreiben, dass ein Land vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt werden kann, wenn es permanent gegen den Pakt verstößt.

Opposition: Berlin liefert schlechtes Beispiel

Dass die Debatte nicht - wie oft zuvor - zur Stunde der Opposition wurde, lag auch am Auftritt von SPD-Chef Sigmar Gabriel. Im Gegensatz zu zahlreichen seiner Interviews vermied Gabriel in seiner Rede eine klare Stellungnahme zur brisanten Frage der Eurobonds. Denn im Unterschied zu ihrem Vorsitzenden lehnen sozialdemokratische Haushaltspolitiker eine schnelle Einführung der Gemeinschaftsanleihen ab. Diese gelten unter Sachverständigen und in der Bevölkerung als extrem unbeliebt, weil man fürchtet, dass damit auf Deutschland künftig höhere Zinslasten zukommen.

Die Kritik der Opposition, auch der Linken und Grünen, entzündete sich hauptsächlich daran, dass die Regierung zwar große Töne spucke, wenn es um solide Staatshaushalte gehe, aber selbst ein schlechtes Beispiel liefere. Man verwies darauf, dass der Finanzminister trotz Steuermehreinnahmen und historisch niedriger Zinsen auf deutsche Staatsanleihen im nächsten Jahr vier Milliarden Euro mehr neue Schulden machen wolle als im laufenden Jahr.

Damit würden aus politischen Gründen Steuererleichterungen finanziert, die dem Normalverdiener lächerliche 4 Euro Vorteil im Monat brächten, rügte SPD-Chef Gabriel und rief der Kanzlerin zu: "Sie verordnen Europa einen ganz harten Sparkurs - was glauben Sie eigentlich, wie glaubwürdig diese Politik ist, wenn Sie hier in Deutschland unter weit besseren Bedingungen als in allen anderen Staaten Europas die Schulden erhöhen?" Deshalb gebe es "viele in Europa, die zu Recht die Faust in der Tasche ballen über diese arrogante Haltung ".

"Soziale Verwahrlosung in deutschen Kommunen"

Gabriel brachte die von der Regierung beschlossenen Steuersenkungen auch mit dem Thema Rechtsextremismus in Verbindung: Weil wieder einmal die Kommunen unter den Steuereinbußen leiden müssten, breite sich dort Verwahrlosung aus. In diese Räume stoße beispielsweise die rechtsextreme NPD und biete an, Jugendklubs und Kindereinrichtungen weiterzuführen, die sonst geschlossen werden müssten.

Klaus Ernst (Die Linke) spricht am Mittwoch (23.11.11) in Berlin im Bundestag (Foto: dapd)
Kritisiert die Berliner "Auflagenpolitik": Klaus Ernst (Die Linke)Bild: dapd

Der Chef der Linkspartei, Klaus Ernst, kritisierte die deutsche Regierung, weil ihre "Auflagenpolitik" gegenüber Griechenland kontraproduktiv sei und dort zu einem Rekordschuldenstand führe. Aus Sicht der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Renate Künast führt an der Einführung von Eurobonds kein Weg vorbei.

Bundeskanzlerin Merkel sieht die Zukunft Europas dagegen nicht in einer Vergemeinschaftung der Schulden, sondern in politischen Schritten, wie der Errichtung einer "Fiskalunion", in der etwa Arbeitsrecht, Renteneintrittsalter und das Steuerrrecht harmonisiert werden müssten. Sie verwies darauf, dass Frankreich und Deutschland im Jahr 2013 ein gemeinsames Unternehmenssteuerrrecht vorlegen würden. In diesem Sinne werde ihre Regierung auch im Europäischen Rat am 8. und 9. Dezember auftreten.

Autor: Bernd Gräßler
Redaktion: Hartmut Lüning