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Spuren im Netz

Sean Sinico / sw27. Mai 2013

Internetnutzer ziehen lange Datenspuren hinter sich her, die von Unternehmen mit Interesse aufgespürt und ausgewertet werden. "Me and my Shadow" will diesen Geschäften einen Strich durch die Rechnung machen.

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Most Creative and Original - Me and My Shadow Bobs Gewinner 2013
Most Creative and Original - Me and My Shadow Bobs Gewinner 2013Bild: myshadow.org

Auf Facebook sind gut 1,1 Milliarden Nutzer unterwegs. 200 Millionen User hat Twitter. Viele weitere Millionen kaufen bei den Onlineshops Amazon, Zalando und Co. Wer aber von diesen vielen Millionen liest schon die endlos langen und oft schwer verständlichen Nutzungsbestimmungen, bevor er mit einem schnellen Häkchen seine Zustimmung gibt? Sobald man sein Einverständnis zu den Nutzungsbedingungen gegeben hat, hat der Anbieter bereits Adresse, Telefonnummer, und die Bankdaten.

Auch Suchbegriffe und Surfverhalten hinterlassen gut lesbare Fährten. Viele Nutzer haben sicher schon mit leichtem Unbehagen festgestellt, dass auf Webseiten, die man besucht, plötzlich Werbung für genau die Sachen auftaucht, nach denen man vor wenigen Tagen gegoogelt hat. Egal ob man auf der Suche nach Lampen, Sofas oder Diätpillen war.

Bobs Award für Kreativität

Das internationale "Tactical Technology Collective", kurz Tactical Tech, schult weltweit Menschenrechtsaktivisten in den neuesten Netztechnologien. Sein Projekt "Me and My Shadow" soll Nutzern beibringen, sich sicherer im Netz zu bewegen. Es zeichnet auf, welche Informationen Nutzer hinterlassen, wenn sie sich in Onlineshops oder sozialen Netzwerken registrieren, wenn sie einfach nur im Internet surfen, oder auch wenn sie mit ihren Mobiltelefonen SMS senden.

Das war der diesjährigen Jury der Bobs einen Preis wert: Die Seite wurde mit dem DW-Award für Onlineaktivismus in der Kategorie "Most Creative & Original" ausgezeichnet.

"'Me and My Shadow' wollte zunächst sehen, was es für Journalisten und Aktivisten bedeutet, so viele Informationen zu hinterlassen", sagte die Mitbegründerin von Tactical Tech, Stephanie Hankey, im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Es geht aber auch immer mehr um all diejenigen, die diese Technologien nutzen."

Wenn die Leute erst einmal merken, welche Informationen sie preisgeben, spalten sie sich in zwei Lager auf, hat Stephanie Hankey beobachtet. Die einen machen mit einem Achselzucken weiter und zahlen damit, ob sie wollen oder nicht, den Preis fürs bequeme Einkaufen im Netz. Andere geraten in Panik darüber, wie viele Leute und Firmen Zugang zu ihren Informationen haben.

Lupe auf Binärcodes Fotolia © Poles
Hinter den Ziffernfolgen verbergen sich digitale ExistenzenBild: Fotolia/Poles

Nervtötend oder riskant?

Sei es Shopping oder die Onlinebuchung von Reisen, geografische Angaben, Fotos, Videos, Kommentare in Onlineforen oder Likes auf Facebook, alles ist brauchbar. Dubiose Firmen handeln sogar mit diesen Informationen.

"Es nervt, wenn man einen Flug gebucht hat und am nächsten Tag genau aus dem Reiseziel Hotelangebote bekommt", so Stephanie Hankey. Das sei allerdings nichts Gefährliches, es sei nur lästig. Andererseits, fügt Hankey hinzu, sei es sehr riskant, wenn Metadaten von Fotos zum Beispiel mit der geografischen Position des Fotografen kombiniert werden können: "In dem Moment, wenn man in einer politisch brisanten Situation Fotos schießt, kann das gefährlich werden."

Hankey ergänzt: "Es ist für einen Journalisten, einen kritischen Blogger oder einen Aktivisten gefährlicher, alles Mögliche preiszugeben, als für jemanden, der einfach ein Familienfoto hochlädt."

Es gibt auch eine Privatsphäre im Netz

Man findet auf "Me and My Shadow" Anleitungen, wie man seine Browser entsprechend einstellt, oder Links zu bestimmten Tools, die man zum Schutz seiner Privatsphäre einsetzen kann. Genau so wird auf Änderungen in Nutzungsbestimmungen, zum Beispiel bei Facebook, hingewiesen und komplizierte juristische Klauseln werden in eine verständliche Sprache "übersetzt". Die einem schon mal die Augen öffnet über das, was man über sich verrät.

Tactical Tech plane, das "Me and My Shadow"-Projekt noch zu vergrößern, erzählt Stephanie Hankey, indem es zusätzliche Sprachen anbieten werde, denn bisher gibt es die Seite nur auf englisch. Außerdem soll es noch leichter für den User werden, festzulegen, wie viele ihrer persönlichen Daten er schützen möchte. "Wir wollen den Leuten dabei helfen, sich selbst einzuschätzen und zu erkennen, was sie über sich öffentlich machen wollen und was sie besser unter Verschluss halten", so Hankey.

Eine Frau beim Online Shopping Foto: Laurin Schmid/dpa
Ein Paar Schuhe im Netz gekauft - und schon eine digitale Spur gelegtBild: picture-alliance/dpa

Die internationale Bobs Jury ehrt das Projekt "Me and My Shadow" für seine kreative Annäherung an ein komplexes Thema. Und dafür, dass es die Leute dazu bewegt, über ihre öffentliche Präsenz im Netz nachzudenken.

"'Me and My Shadow' versucht die Tendenz der Nutzer, ihr riskantes Verhalten im Netz zu ignorieren, aufzuheben. Indem die Leute lernen, selbst festzulegen, was sie online tun können und was nicht", sagte Jurymitglied Georgia Popplewell. Gerade in Staaten, die Überwachung und Zensur betreiben sei es besonders wichtig, vorsichtig zu sein, so Popplewell. “Schließlich geht es in manchen Fällen um Leben oder Tod."