Männermodel und Künstler: Sang Woo Kim
Mode, Kunst und Rassismus: Wie ein Model seine interkulturelle Identität in der Kunst ausdrückt.
'If you see me now you don't' -'Wenn du mich jetzt siehst, siehst du mich nicht'
"Die Leute kennen mich vom Laufsteg und aus Modemagazinen, aber nicht als Künstler", so Sang Woo Kim bei der Eröffnung seiner ersten Einzelausstellung in der Berliner Galerie "Magic Beans". Er wolle mit seiner Kunst zeigen, wer er wirklich sei, meinte der 22-Jährige. Als Model arbeitet er nur, um sein Leben als Künstler zu finanzieren. Rassismus ist eines seiner großen Themen.
'You never lived my lie' - 'Du hast nie meine Lüge gelebt'
Geboren in Seoul, wuchs Sang Woo Kim in einer traditionsbewussten koreanischen Familie in London auf. "Ich lebte in zwei Welten mit unterschiedlichen Regeln und Werten", erinnert sich der Künstler. Die Eltern schickten ihn auf eine sehr gute Schule, realisierten aber nicht, dass er der einzige koreanische Junge dort war. "Sie hatten ein komplett anderes, naives Weltbild."
'I was blind when I was younger' - 'Ich war blind, als ich jünger war'
Sein Aussehen verschaffte Kim lukrative Aufträge als Model, dabei empfand er es oft als belastend aufzufallen. Das Bild oben setzt sich damit auseinander, wie seine Mitschüler ihn wegen der Form seiner Augen hänselten. "Wie kannst du überhaupt was sehen?", fragten sie. Kim nahm die Bemerkungen mit Humor, aber sie hinterließen Spuren: Sehen und Aussehen spielen eine große Rolle in seinem Werken.
'Boy disappearing' - 'Ein Junge verschwindet'
Seine Mitschüler seien keine Rassisten gewesen, meint Kim: "So reden Kinder eben." Die Modewelt dagegen sei sehr wohl rassistisch, erklärt der Künstler bei seiner Vernissage. Eine Wand ist mit seinem Abbild versehen, vielfach auf Leinen gedruckt. "Als Models sollten wir doch alle Ethnien vertreten - aber warum werden bei Castings nicht alle gleich behandelt?"
'Don't look away' -'Schau nicht weg'
In Kims Bildern wird das Persönliche schnell allgemeingültig. Er als Einwanderer fände es erschreckend, wie Migranten heutzutage behandelt würden, weil Politiker nach Macht strebten, sagt er. "Bis heute verstehe ich Rassismus oder Gewalt gegen andere Menschen nicht, vielleicht bin ich deswegen so besessen davon."
'You look at nothing' -Du schaust nichts an'
Die Gemälde zum aktuellen Zeitgeschehen entstanden alle in den vergangenen vier Monaten. "Es muss doch einen Grund dafür geben, dass Dinge wie Brexit und Trump geschehen", so Kim. Kunst sei seine Art, das auszudrücken. Manche Werke erinnern an Nachkriegs-Expressionismus, andere an einen Tagebucheintrag - oder russische Propaganda gepaart mit dem Filmposter eines amerikanischen Action-Stars.
'Stay handsome forever' -'Bleib immer schön'
Neben Gemälden zeigt die Ausstellung auch Fotos: Schnappschüsse, die dem Beobachter einen Blick hinter die Kulissen des Mode-Business gewähren. Ein Bild zeigt Top-Model Kiki Willems beim Limonadetrinken im Sweatshirt und mit Pferdeschwanz. "So würdet ihr Kiki nie sehen!", stellt Kim fest.
'Bleached' - 'Gebleicht'
"Als Kind habe ich versucht, mich anzupassen und einfach ein normales britisches Kind zu sein." "Gebleicht" sei er gewesen, nicht er selbst, witzelt der Künstler mit dem gepflegten Akzent eines BBC-Moderators. "Warum bist du so anders?" Diese Frage habe ihn als Kind hart getroffen, sagt er. Ein Blick auf seine Kunst zeigt, dass er mittlerweile universelle Antworten gefunden hat.