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Luis Fernando Suarez: Mit Ecuador unter die ersten Acht

Das Interview führte Daniel Martinez3. Mai 2006

In Lateinamerika genießt Luis Fernando Suarez Respekt. Im Gespräch mit DW-WORLD.DE zeigt sich der Nationaltrainer Ecuadors zuversichtlich, dass er sich mit seinem Team bei der WM auch internationale Anerkennung holt.

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Überraschungsteam Ecuador? Trainer Luis Fernando Suarez glaubt daranBild: DW

DW-WORLD.DE: Mit Polen und Costa Rica hat Ecuador in seiner WM-Vorrundengruppe schlagbare Kontrahenten erwischt, mit Gastgeber Deutschland einen unbequemen Gegner - würden Sie dem so zustimmen?

Luis Fernando Suarez: Die Gruppe ist für mich eher normal. Sie ist nur schwer, wenn man sich nicht richtig vorbereitet. Tatsache ist, dass wir nur auf uns selbst gucken müssen. Abhängig von den anderen zu sein, das wäre ein Problem. Wir wissen, dass der Einzug in die nächste Runde nur mit harter Arbeit geschafft werden kann. Aber wir wissen auch, dass wir es verdient haben, an der WM teilzunehmen.

Vor der Auslösung in Leipzig haben Sie gesagt, dass Deutschland die einzige Mannschaft wäre, gegen die sie nicht spielen wollen.

Und das zeigt, dass man seine Wünsche nicht laut aussprechen soll! Eigentlich war es kein richtiger Wunsch. Ich bin so oft nach den möglichen Gegner gefragt worden, dass ich irgendeine Mannschaft nennen musste, und Deutschland als Gastgeber war fast logisch.

Wie weit kommt Ecuador in der WM?

Fußball - Nationalmannschaft Ecuador
Zum zweiten Mal qualifizierte sich Ecuador für eine WMBild: dpa

Ich habe große Hoffnungen, dass die Mannschaft die erste Runde übersteht, danach werden wir sehen. In Ecuador werden sich die Leute damit zufrieden geben. Ich möchte mehr, ich möchte das Team unter den ersten Acht platzieren. Ich weiß, wie schwer das ist, aber genau so gut kenne ich auch meine Truppe - ihren Arbeitsgeist, ihr Potenzial, ihren Willen. Das Ziel ist zu schaffen.

Was spricht für Ecuador, um sich einen Platz als eine der acht besten Mannschaften der Welt zu sichern?

Ein starkes Kollektiv mit der Überzeugung, dass seine Stärke in der taktischen Gemeinsamkeit liegt. Wir haben keinen Star, keinen Spieler, der einfach alleine ein Spiel entscheiden kann, der die Mannschaft retten kann. Wenn so eine Figur nicht vorhanden ist, lernen alle die Werte der Einheit. Dieser Zusammenhalt ist unsere Stärke.

Sie betonen sehr oft, wie wichtig für Ecuador dieser Zusammenhalt ist. Wie zeigt sich das?

Es gibt Situationen, die so eine Haltung symbolisieren. Bei einem Angriff beispielsweise beteiligen sich alle Spieler, damit es nach vorn zügiger geht. Und wenn wir defensiv spielen müssen, agieren wir genau so. Taktisch ist Ecuador sehr begabt.

Viele Trainer sehen in Ecuador einen unangenehmen Gegner und trauen dem Team eine Überraschung bei der WM zu.

Luis Fernando Suarez Porträt
Entschlossener Blick: der 46-jährige Coach will unter die ersten AchtBild: DW

Selbstverständlich sehen sie in uns ein Überraschungsteam. Ecuador hat bislang keine WM-Geschichte geschrieben, für Andere sind wir Außenseiter. Wenn wir die erste Runde überstehen, wird das natürlich alle überraschen. Sind wir ein unangenehmer Gegner? Ja, keiner wird es gegen uns leicht haben. Wir spielen aggressiv und wissen, was wir mit dem Ball zu tun haben. Ecuador hat viele positive Dinge zu zeigen, aber darüber möchte ich nicht reden, weil ich wie ein Politiker klingen könnte. Es geht nicht ums Reden, es geht um das, was Ecuador auf dem Feld machen wird.

Wo liegt die Stärke von Ecuador?

Es ist nicht so einfach, eine Mannschaft wie Ecuador zu erklären. Sagen wir es so: unsere Elf ist technisch sehr begabt, und im Angriff sind wir sehr schnell.

Was muss Ecuador noch verbessern?

Den Mangel an Erfahrung, gegen Europäer zu spielen. Es gibt nicht so viele ecuadorianische Spieler, die in Europa gespielt haben, und deshalb werden für uns die ersten Minuten gegen solche Gegner schwer. Aber wir machen uns keine Sorgen. Bis zur WM werden wir wissen, wie man gegen Deutsche und Polen spielt.

Ist es nicht paradox, dass Sie bei der WM gegen einen ihrer besten Freunde, Alexandre Guimaraes, dem Trainer von Costa Rica antreten?

Das ist was ganz Normales, wir wollten beide hier in Deutschland sein. So etwas schaffen nicht viele. So gesehen ist das nicht paradox, sondern von uns beiden so gewollt.

Wovon träumt Luis Fernando Suárez, wenn er an die WM denkt?

WM 2006 - Quartiere - Ecuador
Feudal: Der Regentenbau in Bad Kissingen, WM-Quartier der equadorianischen MannschaftBild: Stadt Bad Kissingen

Deutschland ist für mich meine erste WM. Ich bin auf dem Wege zu internationaler Anerkennung, die ich in Lateinamerika schon genieße. Eine gute WM wird mich diesem Ziel näher bringen.

Was trägt Ecuador fußballerisch zur WM bei?

Es kommt drauf an, wie weit wir kommen. Wenn wir in der ersten Runde scheitern, dann nichts. Aber wenn wir es schaffen, dabei zu bleiben, werden wir der Welt zeigen, dass sich in Lateinamerika, neben Argentinien und Brasilien, eine andere Fußballmacht entwickelt hat.

Worauf können sich die Fans bei der WM freuen?

Ich hoffe, dass die Mannschaften viele interessante Dinge für die positive Entwicklung des Fußballs zeigen. Neue Spielsysteme, neue Formationen sind immer willkommen.

Kennen Sie schon Berlin?

Ja, eine tolle Stadt. Ich habe sie nach der Auslosung in Leipzig besucht. Mein erster Eindruck von Berlin war: eine moderne Stadt mit viel Geschichte in jeder Ecke, sie lädt zum Nachdenken ein. Es ist schön, solche Spielorte zu haben, insbesondere um gegen Deutschland zu spielen.

Wie weit kommt Deutschland bei der WM?

Deutschland ist ohne Zweifel ein Favorit, wie Brasilien, wie Argentinien, wie alle ehemaligen Weltmeister. Dazu Holland. Das ist eine junge, renommierte Mannschaft, die mir sehr gut gefällt.