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Kurdische Hochzeit endet mit Blutbad

21. August 2016

Grausamer können Attentäter kaum zuschlagen: Bei einem Anschlag auf eine Hochzeitsgesellschaft im Südosten der Türkei sind viele Menschen getötet worden. Der türkische Präsident glaubt zu wissen, wer dahinter steckt.

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Türkei: Explosion bei einer Hochzeit in Gaziantep (Foto: picture-alliance/AP)
Bild: picture-alliance/AP Photo/E. Burun

Mindestens 50 Menschen kamen bei der kurdischen Hochzeitsfeier in der südtürkischen Stadt Gaziantep ums Leben. Die Behörden korrigierten die bisher genannte Opferzahl von 30 deutlich nach oben. Unter den mehr als 90 Verletzten gebe es viele Schwerverletzte, wie der Gouverneur der Provinz berichtete. Nach Angaben der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP sind mehrere Kinder unter den Opfern. "Wir verurteilen und verdammen diejenigen, die diese Attacke verübt haben, und die Kräfte und Ideologien hinter ihrem Handeln", heißt es in einer Stellungnahme der drittgrößten Partei im türkischen Parlament.

Im betroffenen Stadtteil Gazianteps wohnen hauptsächlich Kurden. In sozialen Medien kursieren Videos, die chaotische Szenen unmittelbar nach der Explosion zeigen. Menschen schalten darin die Taschenlampenfunktion ihres Smartphones ein und irren auf der Suche nach verletzten Freunden und Angehörigen umher.

Türkei: Explosion bei einer Hochzeit in Gaziantep (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/Ihlas News Agency

Erdogan macht IS verantwortlich

Gouverneur Ali Yerlikaya sprach umgehend von einem Terroranschlag. Vize-Regierungschef Mehmet Simsek verurteilte den "barbarischen Angriff" auf die Hochzeitsgesellschaft. "Das Ziel dieses Terrors ist es, die Menschen zu verängstigen, aber wir werden das nicht zulassen", sagte Simsek im türkischen Fernsehen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur DHA teilte die Staatsanwaltschaft mit, am Tatort seien Überreste einer Sprengstoffweste gefunden worden.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erklärte, die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) sei "wahrscheinlich" für den Bombenanschlag verantwortlich. Neben der kurdischen Untergrundorganisation PKK operiert im Südosten der Türkei auch der IS, der in der Region schon mehrfach Anschläge verübt hat.

Türkei Explosion bei Hochzeit in Gaziantep (Foto: Getty Images/AFP/A. Deeb)
Bild: Getty Images/AFP

In dem schriftlichen Statement erklärte Erdogan, es gebe keinen Unterschied zwischen der Bewegung des Islam-Predigers Fetullah Gülen, der Türkischen Arbeiterpartei PKK und dem IS. Das Ziel solcher Anschläge wie in Gaziantep sei es, verschiedene Bevölkerungsgruppen "entlang ethnischer und religiöser Linien gegeneinander aufzuwiegeln". Die Türkei werde einer solchen Provokation aber nicht nachgeben und stattdessen "Einheit, Solidarität und Brüderlichkeit" demonstrieren.

Internationale Beleidsbekundungen

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sprach von einem "grauenvollen Angriff". Aus einer Hochzeitsfeier, einem Fest der Freude, sei ein Alptraum geworden. "Wir sind in Gedanken bei den Opfern, ihren Familien und Freunden und trauern mit ihnen", sagte er laut Mitteilung in Berlin. Auch der französische Präsident François Hollande verurteilte den "schändlichen Anschlag". Frankreich stehe an der Seite aller, die gegen den Terrorismus kämpfen, hieß es in einer Mitteilung des Élyséepalastes.

Russlands Präsident Wladimir Putin bezeichnete das Attentat als brutal und zynisch und rief zum gemeinsamen Kampf gegen den Terrorismus auf. "Wir haben einmal mehr erfahren, dass der Terrorismus nicht nur die Gesetze zivilisierter Gesellschaften nicht anerkennt, sondern auch die grundlegenden Normen der menschlichen Moral missachtet", schrieb Putin nach Angaben des Kremls in einem Beileidstelegramm an seinen türkischen Kollegen Erdogan.

Gaziantep: Rückzugsort für Dschihadisten

Die rund 1,5 Millionen Einwohner zählende Provinzhauptstadt Gaziantep liegt etwa 60 Kilometer nördlich der syrischen Grenze. In der Region haben tausende Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem Nachbarland Zuflucht gefunden. Gaziantep soll aber auch zu einem Rückzugsort für Dschihadisten geworden sein. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte die Stadt Ende April besucht, um sich ein Bild von der Lage syrischer Flüchtlinge in der Türkei zu machen.

Am Donnerstag waren bei einer Anschlagserie auf türkische Sicherheitskräfte insgesamt 14 Menschen getötet und rund 300 weitere verletzt worden. Zu einem der Anschläge bekannte sich die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK).

rb/qu (afp, ap, dpa, rtr)