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Kritik an US-Strategie für den Irak wird lauter

3. November 2003

Wieder sind im Zentrum von Bagdad Mörsergranaten eingeschlagen, explodierte eine Autobombe in Kerbela (3.11.). Dennoch wollen die USA im Irak bleiben: Sie hoffen auf Hilfe der NATO. Aber deren Chef sagt nein.

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US-Kontrollen können Anschläge nicht immer verhindernBild: AP

Trotz der zunehmenden Verluste in Irak hat die US-Regierung einen baldigen Rückzug aus dem Land ausgeschlossen. "Amerika wird niemals davonlaufen", sagte US-Präsident George W. Bush am Montagabend (3.11.2003) bei einem Treffen mit Geschäftsleuten im US-Staat Alabama.

Erneute Anschläge in Bagdad und Kerbela

Am Abend wurde die Bagdad von einer Serie von Explosionen erschüttert. Nach US-Angaben traf eines von drei Projektilen eine Kaserne. In einer Erklärung der Streitkräfte hieß es, in dem Lager "Camp Wolfpack" sei niemand verletzt worden. Zwei weitere Einschläge habe es im Zentrum gegeben. Der genaue Ort wurde nicht genannt. Journalisten im Hotel "Palestine" hatten gegen 21.10 Uhr Ortszeit fünf Explosionen in schneller Folge gehört. Ein US-Militärsprecher sagte, im Stadtzentrum von Bagdad seien drei bis vier Mörsergranaten explodiert.

Vier laute Explosionen waren vom Westufer des Tigris zu hören, wo die US-Zivilverwaltung in einem ehemaligen Palast des gestürzten Präsidenten Saddam Hussein untergebracht ist. In Kerbela wurden bei einer Explosion nahe eines schiitischen Heiligtums drei Menschen getötet und zwölf verletzt, wie Augenzeugen berichteten. Offenbar sei eine Bombe in einem parkenden Auto explodiert; bei den Opfern handele es sich um Passanten, sagte der schiitische Geistliche Abu Dschaffarel Assadi.

US-amerikanische Opposition

Demokratische Politiker in den USA, besonders die möglichen Herausforderer Bushs bei der Präsidentenwahl im kommenden Jahr, verstärkten ihre Kritik an der Politik der Regierung. Die USA seien zu diesem Krieg verleitet worden, ohne dass es eine Erfolg versprechende Strategie gegeben habe, erklärte der frühere NATO-Oberbefehlshaber Wesley Clark, der für die Demokraten ins Rennen gehen könnte.

Zwei weitere Kandidaten, der Abgeordnete Dick Gephardt und Senator John Edwards, erklärten, die USA brauchten mehr Hilfe von Freunden. "Wir können das Problem nicht alleine lösen", sagte Gephardt. Bush müsste sich mit den ausländischen Politikern an einen Tisch setzen und "sie mit Respekt behandeln, um die Hilfe zu bekommen, die wir von unseren Freunden erwarten können". Der demokratische Senator Joseph Biden schlug eine Einbeziehung der NATO vor.

Kritik vom NATO-Generalsekretär

NATO-Generalsekretär George Robertson sagte am Montag (3.11.2003) allerdings, ein Einsatz des Bündnisses in Irak stehe nicht zur Diskussion. "Die NATO ist nicht um Hilfe in Irak gebeten worden", erklärte Robertson nach einem Treffen mit Außenminister Joschka Fischer in Berlin. Er verwies auf das Engagement der NATO in Afghanistan. "Wir müssen uns darauf konzentrieren und dort erfolgreich sein." Robertson betonte auch, dass die NATO in Irak bereits einzelne Mitgliedstaaten wie Polen und Spanien unterstütze.

Auch Bundesverteidigungsminister Peter Struck kritisierte die von den USA im Irak-Krieg verfolgte Strategie einer "Koalition der Willigen" als schädlich für die NATO. Er sieht weiter sicherheitspolitische Differenzen zwischen Europa und den USA und fordert einen strategischen Dialog zur Anpassung und Bewahrung der NATO in einer neuen Lage. Die Transformation der NATO sei auch deshalb so wichtig, "weil die Versuchung unseres amerikanischen Bündnispartners verringert werden muss, auf das für die Allianz insgesamt schädliche Muster der 'coalition of the willing' zurückzugreifen", sagte der SPD-Politiker.

Die Zweifel des Verteidungsministers Struck

Die USA müssten beachten, dass politische Ziele besser mit klarer rechtlicher und politischer Legimität erreicht werden könnten als ohne. Während in Europa oft auf das Völkerrecht gepocht werde, ohne auf seine Durchsetzbarkeit zu achten, gebe es in den USA das Gegenbeispiel: "Der eine oder andere in den USA übersieht bisweilen, dass die Anwendung militärischer Macht meist nur dann zu guten politischen Ergebnissen führt, wenn sie durch internationales Recht legitimiert und in ein überzeugendes politisches Konzept eingebettet ist", so Struck.

Konkret stellte er damit die Legitimität des Vorgehens der USA im Irak-Krieg in Frage: "Die Frage, ob das völkerrechtlich legitim war, was die USA im Irak gemacht haben, kann man ja durchaus stellen", sagte er. Struck bekräftigte die Forderung nach einer größeren militärischen Selbstständigkeit der EU, die die Nato insgesamt stärken werde. Die USA betrachten entsprechende EU-Pläne mit Misstrauen. (arn)