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Kommt Zeit, kommt Rat

6. Juni 2003

Die Frage der Existenz irakischer Massenvernichtungswaffen bleibt auch nach dem Abschlussbericht des UN-Chefwaffeninspekteurs Blix ungeklärt. US-Präsident Bush versprach: "Wir werden die Wahrheit ans Licht bringen."

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Für die UN-Inspekteure gibt es kein Zurück in den IrakBild: AP

Der Irak habe viele Fragen bezüglich seines Waffenarsenals unbeantwortet gelassen, sagte der scheidende UN-Chefinspekteur Hans Blix bei seinem letzten öffentlichen Auftritt vor dem UN-Weltsicherheitsrat (5. Juni 2003). Er sprach sich für die Klärung aller noch offenen Fragen durch UN-Inspekteure aus.

Die USA und Großbritannien hatten ihren Krieg gegen den Irak unter anderem damit begründet, der Golfstaat verfüge über Massenvernichtungswaffen. Bewiesen werden konnte dies bislang nicht. Die UNO-Waffeninspekteure hatten vor Beginn des Kriegs am 20. März 2003 im Irak nach verbotenen Waffen gesucht, jedoch keine gefunden. Auch die US-geführten Streitkräfte haben noch keine Massenvernichtungswaffen in dem Land entdeckt. Es sei "nicht gerechtfertigt, daraus den Schluss zu ziehen, dass etwas existiert", erklärte Blix.

Wer wird die Waffen finden?

Der Grund dafür, warum noch nichts Brisantes gefunden wurde, könne entweder sein, dass die Waffen vom Saddam-Regime alle vernichtet oder dass sie sehr gut versteckt worden seien. Das herauszufinden, wäre angesichts der jetzigen Möglichkeiten zur Befragung irakischer Zeugen leicht möglich, sagte Blix. Deshalb sprach er sich für die Rückkehr von internationalen Inspekteuren in den Irak aus. Sie sollten als Abschreckung dagegen dienen, dass Waffenprogramme reaktiviert würden, sagte Blix.

Die USA haben eine Rückkehr der Waffeninspekteure der Vereinten Nationen in den Irak abgelehnt. Die Koalition der Besatzungsmächte habe "die Verantwortung für die Suche und Auffindung von Massenvernichtungswaffen übernommen", sagte Washingtons UN-Botschafter John Negroponte in New York. Hans Blix hat die Glaubwürdigkeit von Waffeninspektionen durch die britischen und US-Streitkräfte jedoch bezweifelt. "Ich möchte nicht die Integrität oder die Professionalität der Inspektoren der Koalition in Frage stellen, aber jeder, der für eine Besatzungsarmee arbeitet, kann nicht dieselbe Glaubwürdigkeit haben wie ein unabhängiger Inspekteur", sagte Blix.

Amerikanische Experten auf Suche

John Negroponte ließ wissen, amerikanische Experten würden im Irak intensiv nach versteckten Waffen suchen und dafür "alle verfügbaren Informationsquellen nutzen". Die USA würden den Sicherheitsrat und die Medien über alle Erkenntnisse informieren. Er empfahl mehr Geduld. "Wir sollten die Profis ihre Arbeit machen lassen." Der US-Botschafter verwies auf die kürzliche Entdeckung von zwei Lastwagen, die als Labors für Biowaffen benutzt worden sein könnten. Blix räumte ein, dass die Waffeninspekteure darüber keine klaren Erkenntnisse hatten. Der Irak habe seinerzeit Angaben zu mobilen Einheiten gemacht, die er früher besessen habe. Da keine dieser Angaben mit den von den USA vorgelegten Berichten übereinstimme, müsse das geprüft werden.

Die UN-Experten könnten das aber nicht allein auf der Grundlage von Berichten tun. Nach Angaben von UN-Diplomaten sind die USA das einzige der 15 Mitgliedsländer des Sicherheitsrates, das sich einer Rückkehr der UN-Inspekteure widersetzt. Auch Großbritannien, das neben den USA die zweite Besatzungsmacht im Irak stellt, sei nicht gegen eine Rückkehr von UN-Waffenexperten, hieß es. Londons Botschafter Jeremy Greenstock sagte Reportern: "Selbst der engste Verbündete kann nicht für die Vereinigten Staaten sprechen."

Manipulation von Geheimakten?

Blix ging in seinem Bericht nicht direkt auf in den letzten Tagen laut gewordene Vorwürfe ein, die USA und Großbritannien hätten Geheimdienstinformationen über irakische Massenvernichtungswaffen aufgebauscht, um ihren Krieg rechtfertigen zu können. In beiden Ländern wollen Parlamentsausschüsse diesem Verdacht nachgehen. Das US-Verteidigungsministerium hatte Berichte bestritten, dass Geheimdienstberichte manipuliert wurden, um Gründe für einen Krieg zu finden.

US-Präsident George W. Bush bekräftigte bei einem Truppenbesuch in Katar, dass amerikanische Experten im Irak weiter nach Massenvernichtungswaffen suchen werden. Nach dem Sturz Saddams haben Experten der USA innerhalb von elf Wochen bei der Suche an rund 230 Orten derartige Waffen ebenso wenig gefunden wie zuvor die UN-Inspekteure. Ungeachtet dessen stimmte der Sicherheitsrat am 22. Mai 2003 einer von Washington eingebrachten Resolution zu, mit dem die Irak-Sanktionen aufgehoben und die USA gemeinsam mit Großbritannien als Besatzungsmacht im Irak legalisiert wurden. (arn)