1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Wirres aus Trumpistan

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert
19. März 2017

Ein getwitterter Fußtritt für die Kanzlerin, falsche Behauptungen und eine düpierte NATO. US-Präsident Trump zeigt seine ganze gefährliche Inkompetenz, meint Bernd Riegert.

https://p.dw.com/p/2ZVVu
USA - Donald Trump trifft Angela Merkel
Bild: picture-alliance/AdMedia/CNP/R. Sachs

Kaum war die Bundeskanzlerin Angela Merkel aus der Tür, schickte der amerikanische Präsident dem Gast eine Twitter-Meldung mit unsinnigen Anwürfen hinterher. Gerade hatten die beiden im Weißen Haus über die Steigerung der deutschen Militärausgaben gesprochen, da zeterte Donald Trump, Deutschland müsse imaginäre Schulden bei ihm und gleich der ganzen NATO begleichen. Ganz so, als sei die Militärallianz eine Firma, Sicherheit ein Produkt und die Soldaten der US-Armee mietbare Lohnarbeiter, unterstellt Trump, es gebe irgendwelche Zahlungsverpflichtungen. Er hat wirklich nicht verstanden, wie Politik, internationale Beziehungen und die NATO funktionieren. Mit der Stellung der USA als Supermacht im Westen, als vorrangige Macht in der Allianz, kommen viele Rechte, aber auch Pflichten. Eine davon ist, dass die USA Präsenz in Europa, dem Nahen Osten und Asien zeigen, um ihre Gegner in Schach und ihre Verbündeten im Boot zu halten. Das machen die USA aus geopolitischen Überlegungen heraus freiwillig, um sich Macht zu sichern. Ein Preisschild gab es dafür nie und kann es auch nicht geben.

Die US-Armee berechnet weder in Ramstein noch in Kabul noch in Seoul irgendwelche Stundensätze für GIs, U-Boote oder Hubschrauber. In der NATO gilt seit ihrer Gründung im Jahr 1949 das Prinzip: Costs lie where they fall. Die Kosten trägt derjenige, der sie verursacht. Jeder zahlt für seine Armee, seine Waffen und laufende Einsätze selbst. Es gibt nur ein sehr kleines gemeinsames NATO-Budget für internationale Stäbe und wenige gemeinsame Aufgaben. Es ist also unmöglich, überhaupt Schulden bei der NATO zu haben, weil man als Mitglied seine Kosten selbst trägt.

Deutschland zahlt längst

Riegert Bernd Kommentarbild App
NATO-Korrespondent Bernd Riegert

Die zugesagte Steigerung der Verteidigungsausgaben in allen NATO-Staaten auf zwei Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung kommt folglich auch den Streitkräften des jeweiligen Mitgliedsstaates zu gute. Geldzahlungen sind weder an die NATO und schon gar nicht an die USA vorgesehen. Hoffentlich hat die Bundeskanzlerin den ignoranten Präsidenten daran erinnert, dass sich Deutschland schon seit Jahrzehnten an den Stationierungskosten für zahlreiche Militäreinrichtungen der USA beteiligt. Über die Jahrzehnte sind da etliche Milliarden zusammengekommen. Seit der Deutschen Einheit sinken die Militärausgaben der USA in Deutschland zudem, weil Truppen abgezogen wurden. Viele Kosten entstehen auf Stützpunkten in Ramstein, Stuttgart oder anderswo heute dadurch, dass die USA ihre Streitkräfte im Nahen und Mittleren Osten von Deutschland aus führen. Müssten die deutschen Steuerzahler nach der Trumpschen Logik also auch für US-Operationen im Irak oder Afghanistan aufkommen?

Das alles scheint der US-Präsident entweder nicht zu wissen oder geflissentlich zu ignorieren. Auch seine Bemerkung, die USA seien unfair behandelt worden, ist gelinde gesagt blanker Unsinn. Niemand hat die USA jemals gezwungen, Truppen irgendwo in der Welt zu stationieren, Kriege zu beginnen oder zu beenden. Die Kosten trägt der, der sie verursacht. So einfach ist das. Wenn der in seiner eigenen Welt gefangene Präsident dieses System ändern wollte, müsste die ganze NATO umgekrempelt werden. Polen, die baltischen Staaten und viele andere müssten sich bereit erklären, die US-Soldaten zu bezahlen. Dann müsste man auch mal über den Preis verhandeln. Manches, was die US-Armee macht, ist auch absurd teuer oder überflüssig. Wenn Polen, Deutschland oder Litauen zahlen sollen, müssten sie, wie in der Wirtschaft üblich, dann natürlich auch Einfluss auf die Bestellung haben. Und wie teuer ist eigentlich ein Tag unter dem atomaren Abschreckungsschirm der USA?

Der Präsident irrt

Nein, Herr Präsident, so simpel und Amerika-zentriert (besser: Trump-zentriert), wie Sie sich das so vorstellen, ist die Welt nicht. Der Wunsch, dass die europäischen Verbündeten mehr für ihre eigene Sicherheit und ihre eigene Rüstung ausgeben ist verständlich. Und der ist ja auch angekommen. Daran wird gearbeitet. Trump sollte einmal einen der vielen Generäle fragen, die in seinem Kabinett sitzen. Zumindest die sollten es eigentlich besser wissen. Das Thema ist außerdem nicht neu. Schon Präsident Nixon und Bundeskanzler Brandt stritten sich Anfang der 1970er Jahre um Stationierungskosten. Aber so unsinnige Forderungen wie Trump hat Nixon nie erhoben.

Kürzlich hatte Donald Trump behauptet, das Geld komme bereits rein, weil er Druck auf die Verbündeten gemacht habe. "Money is pouring in", behauptete Trump bei seiner Rede vor dem US-Kongress. Die USA werden von den gesteigerten Verteidigungsausgaben in Europa keinen müden Cent sehen. Das ist schlicht gelogen, Herr Präsident. Wieder einmal.

 

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union