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Keine Sommerferien bei TUI

Michael Knigge5. August 2004

Der weltgrößte Tourismus-Konzern TUI hat derzeit viel zu tun: Nach China will man in den russischen Markt einsteigen, stemmt sich gegen den drohenden Rauswurf aus dem Dax und eine mögliche feindliche Übernahme.

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Hat derzeit wenig zu Lachen: TUI-Chef Frenzel hinter dem Konzern-LogoBild: AP

Die Experten sind sich einig. Die Strategie der TUI, sich in Ländern außerhalb der bisherigen Schwerpunktregion West-Europa zu engagieren, ist richtig. "Grundsätzlich halte ich es für positiv, dass TUI sich in neuen Märkten wie Russland und China schon frühzeitig positioniert und eine Marke aufbaut", betont Robert Heberger, Analyst bei der Privatbank Merck Finck. Allerdings werde sich der vor wenigen Tagen bekannt gegebene Einstieg in Russland kurzfristig nicht in der Bilanz des Unternehmens niederschlagen. Positive Effekte für Umsatz und Ertrag von TUI aus dem Engagements in diesen Ländern sind Fachleuten zufolge frühestens ab 2006 zu erwarten.

"Wenn man bedenkt, dass TUI im vergangenen Jahr rund 18 Millionen Gäste hatte und im nächsten Jahr in Russland 200.000 package tours verkaufen will, dann sieht man die Dimensionen", warnt M. M. Warburg-Analyst Eggert Kuls vor zu großen Erwartungen an die Auslands-Expansion des in Hannover ansässigen Konzerns.

Gute Geschäftszahlen

Dass der Konzern bereits auf dem richtigen Weg ist, zeigen die Geschäftszahlen, die der Vorstand am Donnerstag (5.8.04) in Hannover präsentierte. Das um Verkäufe bereinigte Ergebnis vor Steuern und Abschreibungen sei im zweiten Quartal auf 112 Millionen Euro gestiegen nach einem Verlust von 29 Millionen Euro vor Jahresfrist. Für das Gesamtjahr 2004 gibt sich der Vorstand zuversichtlich und geht davon aus, dass sich das Ergebnis auf mindestens 420 (Vorjahr: 242 Millionen Euro) belaufen wird.

Kleiner Markt, großes Potenzial

Russland ist derzeit - ähnlich wie China - ein sehr kleiner Tourismus-Markt und wird anfänglich nur rund ein Prozent des Geschäfts der TUI Group ausmachen. Vor wenigen Monaten war TUI bereits in den chinesischen Markt eingetreten und will sein Engagement dort laut Vorstandschef Michael Frenzel weiter ausbauen. Sein Credo, "wir glauben an das Potenzial dieser Märkte", ist der Überzeugung geschuldet, dass touristisches Geschäft dem Wirtschaftswachstum folgt.

TUI rechnet in diesen neuen Märkten mit zweistelligen Wachstumsraten von denen Anbieter im gesättigten west-europäischen Reisemarkt nur träumen können. Allerdings startet TUI in Russland und China von einer sehr niedrigen Ausgangsbasis, betont Merck Finck-Analyst Heberger und ergänzt: "Länder wie Russland und China sind einfach reisetechnisch gesehen noch Entwicklungsländer."

Pauschal-Reisen für die Welt

Dennoch: "Russland könnte schon ein potenziell spannender Markt sein, da es besonders in den Städten viele sehr wohlhabende Leute gibt, die gerne reisen." Allerdings wird die Entwicklung dieser Märkte nach Experten-Einschätzung einige Zeit brauchen, da Pauschalangebote - das Hauptprodukt von TUI - in dieser Form außerhalb Europas nicht wirklich bekannt seien.

Neben dem Einstieg in neue Märkte müssen sich die TUI-Manager derzeit aber auch mit weniger erfreulichen Themen befassen. So schockte das US-Investmenthaus Morgan Stanley kürzlich mit der Meldung die Branche, man halte mehr als zehn Prozent der TUI-Aktien. Da bekannt ist, dass die deutsche West LB ihr TUI-Aktienpaket in Höhe von 31 Prozent abstoßen will, verfügte ein Käufer von beiden Posten bereits über 41 Prozent und könnte ein gewichtiges Wort bei TUI mitreden.

Rätselraten über Hintermänner

Wer der Auftraggeber des heimlichen Aktienkaufs sein könnte, sorgt für Rätselraten bei den Experten, da ein Übernahmeversuch durch einen kleineren Konkurrenten als ausgeschlossen gilt. "Von dem was ich so gehört habe, ist es am wahrscheinlichsten, dass Hedge Fonds den Kurs der TUI-Aktie drücken wollen", vermutet Eggert Kuls von M. M. Warburg. "Die andere Variante am Markt lautet, dass die Familien Oetker oder Herz TUI kaufen wollen."

Aufgrund der Unklarheit über die Hintergründe des Aktienaufkaufs durch Morgan Stanley rechnen die Analysten kurzfristig mit möglicherweise starken Schwankungen bei der TUI-Aktie. Das wiederum kann den TUI-Managern gar nicht recht sein. Gelingt es dem Vorstand nicht, den Aktienkurs in den nächsten Wochen zu steigern, droht TUI der Rauswurf aus dem Deutschen Aktienindex Dax. Momentan rangiert das Unternehmen lediglich auf Rang 37 der nach Börsenwert größten deutschen Konzerne. Schafft es TUI nicht bis Ende August auf Platz 35 zu klettern, muss das Unternehmen nach den Regeln der Deutschen Börse aus dem Dax genommen werden.