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Umstrittenes Ehegesetz

10. Mai 2009

Afghanistan ändert sein umstrittenes neues Ehegesetz, das verheiratete Frauen zum Sex verpflichtet. Das kündigte Präsident Karsai in Berlin an. Merkel versprach ihm eine bessere Ausbildung der Sicherheitskräfte.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel und Afghanistans Präsident Hamid Karsai, Foto: AP
Verabreden mehr Ausbildung für Sicherheitskräfte in Afghanistan: Merkel und KarsaiBild: AP

"Ich glaube, man darf nicht übersehen, dass wir in den letzten Monaten und Jahren erhebliche Fortschritte gemacht haben", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Sonntag (10.05.2009) bei einem Besuch des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai in Berlin. Dabei erinnerte sie daran, dass im Raum Kabul die afghanischen Sicherheitskräfte mittlerweile einen wesentlichen Teil der Verantwortung trügen, auch wenn die ISAF im Hintergrund immer noch notwendig sei: "Das hätten wir uns vor zwei Jahren noch gar nicht vorstellen können", sagte sie und lobte zugleich die Erfolge beim Aufbau des Landes: Mittlerweile könnten in dem Land sechs Millionen Kinder zur Schule gehen - darunter auch viele Mädchen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel in Mazar-e-Sharif, am 06.05.09, Foto: AP
Merkel hatte sich bei ihrem Afghanistan-Besuch im April ein Bild von der Polizeiausbildung gemachtBild: AP

Allerdings seien bislang nur zehn Prozent der afghanischen Sicherheitskräfte angemessen ausgebildet, darum müsse Deutschland mit seinem Engagement am Hindukusch schneller werden, räumte Merkel auch mit Blick auf die im August geplante Präsidentenwahl in Afghanistan ein. Dem Präsidenten sicherte die Bundeskanzlerin zu: "Dazu werden die Voraussetzungen geschaffen, so dass wir auf einem guten Weg sind, der allerdings noch viele Anstrengungen in sich bergen wird. Ich will hier nicht die Lage beschönigen." Derzeit sind rund 3.800 deutsche Soldaten dort stationiert, für den Wiederaufbau des Landes stellte die Bundesregierung für 2009 insgesamt 180 Millionen Euro bereit.


Karsai dankt Deutschland

Karsai bedankte sich bei der Bundeskanzlerin auch im Namen seines Volkes für die deutsche Unterstützung: "Ich bringe Ihnen Grüße und die Dankbarkeit des afghanischen Volkes für alles, was Deutschland in den letzten sieben Jahren für Afghanistan getan hat, bei der Ausbildung der afghanischen Polizei und der Armee, beim Wiederaufbau und der Entwicklung Afghanistans, bei der Unterstützung für die Gesundheitsfürsorge, für die Bildung und die Verwaltung."

Dort, wo die ISAF-Truppen von der Bundeswehr angeführt würden, könne die afghanische Regierung mehr Präsenz zeigen als in anderen Provinzen, unterstrich Karsai. Der afghanische Präsident lobte den Einsatz deutscher Spezialkräfte, bei dem in der vergangenen Woche ein hochrangiger Terrorverdächtiger verhaftet wurde. Dass der Betroffene ein hohes Regierungsamt inne hatte, wollte er jedoch nicht kommentieren.

Ehegesetz geändert

Zufrieden zeigte sich Merkel mit Karsais Zusicherung, dass das umstrittene Ehegesetz für die schiitische Minderheit des Landes, das Frauen zum regelmäßigen Sex mit ihren Ehemännern verpflichtet, geändert werde. Die Änderungsvorschläge seien schon dem Parlament zugegangen, sagte Karsai. Merkel begrüßte den Schritt: "Wir hoffen, dass nun alle beunruhigenden Passagen ausgeräumt sind", sagte sie. Allerdings äußerte sich der afghanische Präsident nicht dazu, welche konkreten Änderungen am Gesetz vorgenommen wurden.

Frauenrechtlerinnen protestierten gegen das neue afghanische Ehegesetz, Quelle: DW
Afghanische Frauen kritisierten das neue Ehegesetz der Schiiten in Afghanistan massivBild: DW

Gemeinsam zeigten sich Merkel und Karsai besorgt über die dramatische Lage in Pakistan, wo die Taliban weiter auf dem Vormarsch sind und eine Massenflucht aus dem Swat-Tal ausgelöst haben. Konkrete Schritte verabredeten sie aber nicht.

Mehr Entschlossenheit gefordert

Hamid Karsai steht derzeit unter starkem Druck der am Militäreinsatz gegen die radikal-islamischen Taliban beteiligten Staaten. Sie werfen ihm mangelnde Fortschritte bei der Sicherung des Landes und im Kampf gegen Korruption und Drogenanbau vor. Unmittelbar vor dem Treffen mit Merkel hatte die EU-Außenbeauftragte Benita Ferrero-Waldner gefordert, Karsais Regierung müsse stärker als bisher zeigen, "dass sie sich einsetzt, um das Land voranzubringen". Auch der CDU-Außenpolitiker Eckart von Klaeden sagte in einem Zeitungsinterview, Karsai müsse viel entschlossener gegen Korruption und den Anbau von Drogen vorgehen. In letzter Zeit habe es leider Anzeichen dafür gegeben, dass es an dieser Entschlossenheit mangele.

Karsai will sich im August zur Wiederwahl stellen. Der Präsident steht aber auch im eigenen Land zunehmend in der Kritik. Ein Grund dafür ist die hohe Zahl ziviler Opfer in den Kämpfen internationaler Streitkräfte.

Autorin: Bettina Marx (dpa/afp/ap)

Redaktion: Ina Rottscheidt