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Versammlungsverbot in Heidenau gekippt

29. August 2015

Vorläufiges Ende eines juristischen Tauziehens: Das Bundesverfassungsgericht hat die Entscheidungen sächsischer Gerichte kassiert. Demonstriert jetzt wieder "Dunkeldeutschland"?

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Polizisten in Heidenau (28.08.2015) (Foto: dpa)
Umstellte Rechte: Polizisten in Heidenau (28.08.2015)Bild: picture-alliance/dpa/S. Willnow

Das Bundesverfassungsgericht hat das umstrittene Versammlungsverbot für das sächsische Heidenau komplett aufgehoben. Dies teilte ein Sprecher des Gerichts in Karlsruhe mit. Eingereicht worden sei die Klage von einem "potenziellen Versammlungsteilnehmer".

Das Landratsamt habe den zur Rechtfertigung des Verbots angeführten "polizeilichen Notstand" nicht überzeugend begründet, befanden die Richter in Karlsruhe. Dass Versammlungen in Heidenau für das gesamte Wochenende "zu einem nicht beherrschbaren Notstand" führten, sei nicht erkennbar.

Ja - nein - teilweise

Von der Entscheidung unberührt bleibe die Befugnis der zuständigen Behörden, "nach Maßgabe des Versammlungsrechts begrenzte Anordnungen im Einzelfall zu treffen". Die einstweilige Anordnung der Verfassungsrichter bedeutet, dass Versammlungen am Wochenende in Heidenau stattfinden können.

Das Karlsruher Urteil ist der bisherige Höhepunkt eines juristischen Tauziehens um die sächsische Kleinstadt, wo es um ein Flüchtlingsheim zu fremdenfeindlichen Ausschreitungen gekommen war. Am Donnerstagabend hatte das Landratsamt ein Versammlungsverbot erlassen. Davon betroffen waren nicht nur geplante fremdenfeindliche Aufmärsche, sondern auch ein für Freitag geplantes "Willkommensfest" für Flüchtlinge. Als Grund nannte das Landratsamt einen "polizeilichen Notstand".

Fremdenfeindlicher Aufmarsch

Das Dresdner Verwaltungsgericht erklärte dieses Versammlungsverbot dann am Freitagmittag für rechtswidrig. Am Freitagabend entschied allerdings das sächsische Oberverwaltungsgericht, dass das Versammlungsverbot doch teilweise in Kraft bleiben könne: Das "Willkommensfest" sei erlaubt, andere geplante Veranstaltungen seien verboten. Dieses Urteil hoben die Karlsruher Richter nun auf. Sie setzten den Spruch des Dresdner Verwaltungsgerichts wieder in Kraft, wonach das Versammlungsverbot rechtswidrig sei.

Das Versammlungsverbot hatte bundesweit für Empörung gesorgt, weil zunächst das Willkommensfest des Bündnisses "Dresden Nazifrei" dadurch infrage gestellt war. Im Anschluss an das Fest war es Freitagabend bei einem Aufzug der fremdenfeindlichen "Bürgerinitiative Heidenau" mit rund 250 Teilnehmern zu Rangeleien gekommen. Die Polizei kesselte die Gruppe ein, nahm Personalien auf und erteilte Platzverweise.

Am Samstag demonstrierten in Dresden zunächst bis zu 5000 Menschen für die Flüchtlinge und gegen die Asylpolitik der Behörden, weitaus mehr als erwartet. Unter dem Slogan "Es reicht! Schutz für Geflüchtete statt Verständnis für Rassisten" hatte das Bündnis "Dresden Nazifrei" dazu aufgerufen.

"Sie begeben sich an den Rand der Gesellschaft"

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich räumte Probleme mit Rechtsextremen im Freistaat ein. "Sachsen ist ein demokratisches Land, aber es gibt Kräfte, die die Freiheit nicht wollen und die Demokratie bekämpfen", sagte Tillich der "Bild"-Zeitung. Aber auch jene, die am Rand von NPD-Aufmärschen applaudierten, "begeben sich an den Rand der Gesellschaft und beklatschen einen Ungeist, der in Deutschland nie wieder herrschen darf", betonte der Ministerpräsident.

jj/SC (dpa, afp, epd)