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Kulturfest erinnert an Kölner Anschlag

7. Juni 2014

Vor fast zehn Jahren explodierte eine Nagelbombe in der Kölner Keupstraße, in der vorwiegend Türken wohnen. 22 Menschen wurden verletzt. Mit einem großen Kulturfestival will Köln nun ein Zeichen gegen Rassismus setzen.

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Eine Leuchttafel kündigt das Kulturfestival "Birlikte - Zusammenstehen" in Köln an (Foto. DW)
Bild: DWAndrea Grunau

In Köln hat das Kulturstraßenfest zum Gedenken an den fremdenfeindlichen Nagelbombenanschlag vor zehn Jahren begonnen. Mit einer insgesamt dreitägigen Veranstaltungsreihe erinnert Köln noch bis Montag an das Attentat in der Keupstraße im Stadtteil Mülheim. An diesem Sonntag finden mehr als 150 Veranstaltungen mit 500 Künstlern rund um die Keupstraße statt.

Angesagt haben sich unter anderem die prominenten Musiker Udo Lindenberg, Peter Maffay, Max Herre, die Bands BAP und die Fantastischen Vier sowie die Schauspielerlegende Hardy Krüger. Am Montag wird das Programm durch eine große Kundgebung abgeschlossen. Dazu wird unter anderem auch Bundespräsident Joachim Gauck erwartet. Insgesamt rechnen die Veranstalter mit rund 100.000 Besuchern.

"Die Lücke - Ein Stück Keupstraße"

Der Bombenanschlag am 9. Juni 2004 in der Keupstraße geht höchstwahrscheinlich auf das Konto der Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU). 22 Menschen wurden damals verletzt, einige lebensgefährlich. Die Polizei glaubte lange nicht an einen rechtsextremen Hintergrund. Erst Ende 2011 wurde deutlich, dass die rechtsextremistischen NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt wohl auch für diesen Anschlag verantwortlich waren.

Das Festivalprogramm steht unter dem Titel "Birlikte - Zusammenstehen" und begann am Samstagabend mit der Premiere des Theaterstücks "Die Lücke - Ein Stück Keupstraße". Darin erzählt der Autor und Regisseur Nuran David Calis anhand von Gesprächen mit Anwohnern und Geschäftsleuten der Keupstraße von den damaligen Ereignissen und ihren Folgen. Auf der Bühne sollten Betroffene gemeinsam mit Schauspielern davon berichten, wie sich ihr Leben seit dem 9. Juni 2004 verändert hat. Nach der Uraufführung wird das Stück weiter im Schauspielhaus Köln gezeigt.

Der Zentralrat der Muslime hat zehn Jahre nach dem Kölner Nagelbombenanschlag eine lückenlose Aufarbeitung des NSU-Terrors gefordert. Es sei begrüßenswert, dass ein großer Teil Kölns gegen Rechts aufstehe und sich mit den Opfern solidarisiere, aber die gesamte Gesellschaft müsse sich schmerzhaften Erkenntnissen stellen, erklärte der Zentralrat. Nach dem Anschlag von 2004 hätten die Ermittler rechten Terror ausgeschlossen und die Täter in türkischen Mafiakreisen gesucht. "Dieses Vorgehen entsprang auch der gesellschaftlichen Stimmung gegenüber Muslimen und Migranten zu jener Zeit, drei Jahre nach dem 11. September", kritisierte der Rat.

Wulff fordert gesellschaftlichen Wandel, Kraft entschuldigt sich

Derweil forderte der frühere Bundespräsident Christian Wulff hat als Konsequenz aus dem rechten NSU-Terror einen gesellschaftlichen Wandel im Umgang mit Bürgern ausländischer Herkunft gefordert. "Viele meinen, wenn sie 'wir' sagen, nur Menschen ohne Migrationshintergrund", schreibt er in einem Gastbeitrag für die Zeitung "Kölner Stadt-Anzeiger". Das bedeute, dass Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland nicht richtig dazugehörten. "Doch wir gehören zusammen", so Wulff. Er bezeichnete die Vielfalt einer offenen Gesellschaft als besten Garanten für Frieden, Wohlstand und Entwicklung. Alle Menschen in Deutschland sollten die richtigen Lehren aus dem NSU-Terror ziehen.

Kurz vor dem Jahrestag des Terroraktes entschuldigte sich die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft für die jahrelangen falschen Verdächtigungen bei den Opfern. "Wir können nur um Vergebung bitten, so lange so unentschuldbar blind gewesen zu sein", sagte Kraft dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Die SPD-Politikerin kündigte an, die Landesregierung und die Ermittlungsbehörden würden alles Notwendige zur Aufklärung des Anschlags beitragen, und verwies auf den Untersuchungsausschuss des Landtages zu den Taten des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU). Fehler, Pannen, Versäumnisse und mögliche Vertuschungen müssten offen benannt werden.

sti/kle/haz (dpa, epd, wdr.de)