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IWF: Wir haben Griechen überfordert

6. Juni 2013

Selbstkritik beim Internationalen Währungsfonds: Bei der Hilfe für Griechenland sei man von falschen Annahmen ausgegangen und habe dann die massiven Schäden durch das Spardiktat unterschätzt. Leiden musste der Bürger.

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An einem Marktstand in Athen streiten Kunden um das Gemüse (foto: reuters)
Bild: reuters

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat Fehler und - so wörtlich - "bedeutende Misserfolge" beim ersten Hilfspaket für Griechenland eingeräumt. Dem Programm aus dem Jahr 2010 seien allzu optimistische Einschätzungen zur Entwicklung der griechischen Staatsschulden und zur Möglichkeit von Reformen in dem Land zugrunde gelegt worden, heißt es jetzt in einem Bericht über die damalige Strategie.

Zwar habe das Hilfsprogramm dazu beigetragen, ein Ausscheiden Athens aus dem Euro-Währungsverbund und ein Übergreifen auf andere Krisenländer zu verhindern. Auch seien die tiefgreifenden Sparmaßnahmen und Strukturreformen als Gegenleistung für die Finanzhilfen unvermeidbar gewesen: Die dramatischen Folgen für die griechische Wirtschaft und Gesellschaft seien aber unterschätzt worden, räumt der IWF in Washington rückblickend ein. Die Experten geben zu, Griechenland mit den erzwungenen Reformauflagen überfordert zu haben.

Statt Wachstum tiefe Rezession

Zwischen den Vorhersagen zum Athener Schuldenberg und der Realität gebe es einen "sehr großen" Unterschied, bilanzieren die Ökonomen des Fonds. Zudem sei bereits für 2012 ein Wirtschaftswachstum erwartet worden, heißt es in dem Papier. Tatsächlich befindet sich Griechenland 2013 wie in den vorangegangenen fünf Jahren in einer Rezession.

Das Vertrauen der Märkte in Griechenland sei nicht zurückgekehrt und aus dem Bankensystem seien 30 Prozent der Spareinlagen abgezogen worden, beklagt der IWF. Die Wirtschaft schließlich habe "eine viel tiefere Rezession als erwartet" erlebt mit "außergewöhnlich hoher Arbeitslosigkeit".

Vertreter von EU-Kommission und EZB zu Verhandlungen in Athen (archiv: reuters)
Schlechtes Zeugnis für die Kooperation des IWF mit der "Troika" der GläubigerBild: Reuters

Schlechtes Krisenmanagement

Kritisiert wird in der IWF-Analyse auch die Zusammenarbeit mit der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB) in der so genannten "Troika". Es habe Probleme bei der Koordination und unterschiedliche Ziele gegeben.

Das erste Hilfsprogramm für Griechenland hatte Notkredite in Höhe von 110 Milliarden Euro enthalten. Diese reichten jedoch angesichts der desolaten Lage des Landes nicht aus, im November 2012 wurde ein zweites Hilfspaket geschnürt. Weitere Kredite von 165 Milliarden Euro wurden zugesagt. Zudem verzichteten Privatgläubiger auf rund 107 Milliarden Euro ihrer Forderungen...

SC/wa (afp, dpa)