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Politik

Italien: Der Zorn der Lega

27. Mai 2018

Ein umstrittener Minister-Kandidat, ein standhafter Staatspräsident, ein gescheiterter Kompromiss-Premier: Italien ist sehr weit von einer Regierungsbildung entfernt. Steht das Land schon wieder vor Neuwahlen?

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Rom Matteo Salvini Chef Lega Nord
Bild: Getty Images/AFP/A. Solaro

Der Chef der fremdenfeindlichen Lega reagierte als erster: Matteo Salvini hat die zusammen mit der Fünf-Sterne-Bewegung angestrebte Regierungsbildung in Italien für gescheitert erklärt. "Wir haben wochenlang Tag und Nacht gearbeitet, um eine Regierung zu bilden, die die Interessen der italienischen Bürger verteidigt", twitterte Salvini am Abend. "Aber jemand (unter Druck von wem?) hat uns NEIN gesagt."

Italien sei keine Kolonie. "Wir sind nicht die Sklaven der Deutschen oder Franzosen (...). An diesem Punkt muss das Wort wieder an euch zurückgegeben werden."

Der Streit um Savona

Salvini spielt nicht selten die antideutsche Karte, und er hatte mehrmals damit gedroht, die Regierungsbildung platzen zu lassen, wenn sein Wunschkandidat für das Finanzministerium nicht den Segen des Staatspräsidenten Sergio Mattarella bekommt. Die Lega wollte Paolo Savona, einen ausgewiesenen Euro- und Deutschland-Kritiker, um jeden Preis zum Minister ernennen. Doch der Präsident hat bei Ministerernennungen das letzte Wort. Und aus Sorge, Italien könnte sich international isolieren, legte Mattarella sein Veto ein. 

Conte: "Ich habe das Mandat zurückgegeben"

Savona, der über Erfahrungen im Finanzsektor, in der Wissenschaft und auch als Minister verfügt, hat die Finanzmärkte wiederholt mit euroskeptischen Ansichten verschreckt. So hat er den Beitritt Italiens zum Euro als historischen Irrtum bezeichnet und einen Plan B gefordert, um die Währungsunion notfalls wieder verlassen zu können. In seinem jüngsten Buch schrieb er, Deutschland versuche nach dem militärischen Scheitern im Zweiten Weltkrieg, Europa jetzt wirtschaftlich zu dominieren. Der frühere Wirtschaftminister Vincenzo Visco bezeichnete Savonas Ansichten als "radikal und selbstmörderisch anti-deutsch".

Paolo Savona Euro-Kritiker Ökonom
Viele Pressefotos gibt es nicht von Paolo Savona. Dieses hier ist auch schon elf Jahre alt. Bild: Getty Images/AFP/F. Frustaci

Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio machte am Abend den Staatspräsidenten und die "Finanzlobby" für das Scheitern der Regierungsbildung verantwortlich. Die Entscheidung von Präsident Sergio Mattarella sei nicht nachzuvollziehen, schrieb Di Maio auf Facebook. "Wir hatten eine Regierungsmannschaft, wir waren bereit zu regieren, und uns wurde Nein gesagt, (...) weil Ratingagenturen in ganz Europa in Sorge wegen eines Mannes waren, der den Finanzminister machen sollte."

Die Sorge vor einer neuen Eurokrise

Die Pläne des Bündnisses für Steuersenkungen, ein Mindesteinkommen und andere teure Vorhaben sowie die anti-europäische Rhetorik hatten die EU und die Finanzmärkte beunruhigt. Die drittgrößte Volkswirtschaft in der Eurozone ist bereits mit knapp 132 Prozent der Wirtschaftsleistung verschuldet, nach Griechenland ist das der zweithöchste Wert in Europa. Erlaubt sind 60 Prozent, die jährliche Neuverschuldung darf zudem drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht überschreiten. So kamen bereits Befürchtungen auf, Italien könnte eine neuerliche Eurokrise auslösen.

Weil der Staatspräsident nun die Kabinettsliste des designierten Premierministers Giuseppe Conte nicht abgesegnet hat, gab Conte seinen Regierungsauftrag zurück. Er habe "ein Maximum an Mühe und Aufmerksamkeit" investiert, um eine Regierung zu bilden, sagte er nach dem Verzicht auf sein Mandat. Nun wartet das südeuropäische Land darauf, ob Präsident Mattarella tatsächlich Neuwahlen ausruft.

rb/as (afp, ap, dpa, rtr)