1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wenn Experten über Terror reden…

Marcel Fürstenau2. Mai 2016

Die weltweite Bedrohung durch den "Islamischen Staat" wird die internationale Gemeinschaft noch lange beschäftigen. Der Verfassungsschutz warnt vor möglichen Anschlägen auch in Deutschland. Aus Berlin Marcel Fürstenau.

https://p.dw.com/p/1IgkO
Deutschland Verfassungsschutz-Symposium Hans-Georg Maaßen in Berlin (Bild: dpa/S. Stache)
Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg MaaßenBild: picture-alliance/dpa/S. Stache

Es gibt keine Entwarnung. Trotz militärischer Rückschläge befindet sich der Terror des sogenannten Islamischen Staates nicht auf dem Rückzug. So lautet die Bilanz von Experten und Politikern, die auf dem internationalen Symposium "Der 'Islamische Staat' - Eine globale Bedrohung" in Berlin zusammenkamen.

Terror-Experte Peter Neumann vom Londoner King's College rechnet damit, dass der IS-Terror die Welt noch lange in Atem halten wird. Selbst wenn der "Islamische Staat" im Irak und Syrien besiegt werden sollte, "müsste man sich noch Jahrzehnte mit den Folgen beschäftigen", sagte der Direktor des International Centre for the Study of Radicalisation.

Seine Einschätzung passt zu den Ausführungen von Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV). Auf dem Symposium warnte der BfV-Präsident davor, die aktuellen Gebietsverluste des IS in Syrien und im Irak falsch zu bewerten. Die Terrorgruppe versuche in anderen Regionen Fuß zu fassen, erklärte Maaßen und verweist unter anderem auf Libyen, Mali, Afghanistan, Nigeria und Jemen.
BND-Vize Müller: Man kann den IS nicht "wegbomben"

Ähnlich sieht es der Vizepräsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Guido Müller. Er sehe nicht, dass der IS den Irak aufgeben werde. Eher, dass er sich in Libyen festsetze. Zu glauben, man könne ihn "wegbomben", sei falsch, denn die hinter dem IS stehenden Personen und ihre Fähigkeiten blieben.

Sanitäter mit Rettungswagen kümmern sich um Opfer der Pariser Anschläge vom 13. November 2015 (Bild: REUTERS/ Christian Hartmann)
Angst und Schrecken in Paris nach den Anschlägen am 13. November 2015Bild: Reuters/C. Hartmann

Wie trügerisch die Ruhe sein kann, haben Franzosen und Belgier erlebt. Von den Terroranschlägen in Paris und Brüssel wurden die Sicherheitsbehörden total überrascht. Auch diese Bilder wird BfV-Chef Maaßen im Kopf gehabt haben, als er sagt: "Wir spüren, dass etwas neu ist seit dem Erscheinen des IS."

Er hätte auch sagen können: Europa erlebt die neue Dimension des Terrors. Maaßen spricht von einem Strategiewechsel des IS seit Januar 2015. Damals töteten IS-Terroristen in Paris zahlreiche Menschen bei Anschlägen auf das Satire-Magazin "Charlie Hebdo" und einen jüdischen Supermarkt.

Täglich vier Warn-Hinweise

"Multiple Attentate mit Kriegswaffen" seien das gewesen, sagt Maaßen. Und fast übergangslos kommt er auf mutmaßliche Terroristen zu sprechen, die als Flüchtlinge getarnt eingeschleust würden. Das sei ein "politisches Signal" des IS. Und er mache "kein Geheimnis" daraus, dass ihm die hohe Zahl der Migranten ohne Papiere Sorge bereite. Maaßen erwähnt in diesem Zusammenhang auch Twitter-Meldungen nach den Anschlägen von Paris, in denen zu Anschlägen in Deutschland aufgerufen worden sei.

Aus Deutschland seien rund 800 "Kampfbereite" nach Syrien ausgereist. Täglich gebe es vier Hinweise auf mögliche Anschläge. Die entsprechenden Informationen stammten auch von ausländischen Diensten. Es gehe darum, "die Spreu vom Weizen" zu trennen. Hierfür bedarf es hervorragender Analysten und der internationalen Zusammenarbeit. Und trotzdem könnten Anschläge "nicht mit Sicherheit" verhindert werden.

Moscheen helfen Flüchtlingen

Bei der Debatte über die angeblich von Moscheen in Deutschland ausgehende Gefahr baten sowohl Maaßen als auch die Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, Emely Haber, um Differenzierung. "Muslime und Moschee-Gemeinden stehen nicht unter Beobachtung", sagte Maaßen, "wir beobachten Extremisten."

Die Deutschlandfahne neben einem Minarett symbolisiert das Thema Moscheen in Deutschland (Foto: Frank Rumpenhorst/ dpa)
Sicherheitsbehörden nehmen Moscheen in Deutschland verstärkt in den BlickBild: picture-alliance/Frank Rumpenhorst

Staatssekretärin Haber warnte vor einer pauschalen Stigmatisierung von Muslimen in Deutschland. Im gesellschaftlichen Diskurs sei viel zu oft von "den Muslimen" die Rede. Dies verfestige das Gefühl der Fremdheit. Dabei würden sich die meisten Moscheen und islamischen Verbände für Flüchtlinge engagieren. Ihnen müsse man dabei helfen, "auch im übertragenen Sinne aus den Hinterhöfen herauszukommen".

Einig sind sich Haber und Maaßen, dass man verstärkt in Präventionsangebote investieren müsse. Eine Strategie, die vor allem gegen den Einfluss radikaler Salafisten helfen soll. Deren stetig wachsende Zahl in Deutschland beziffert der BfV-Präsident aktuell auf 8650 Personen.

Ein paar beruhigende Sätze hält Maaßen Vize Thomas Haldenberg parat. Anwerbeversuche in Flüchtlingsunterkünften durch Salafisten scheinen bislang "nicht sehr erfolgreich zu sein". Schließlich seien die meisten aus Syrien geflohen, "um dieser Ideologie zu entgehen". Dass sich daran etwas ändert, kann der Verfassungsschutz aber "auf längere Sicht" nicht ausschließen.