Irakische Sicherheitsleute mitnichten sicher
17. November 2004Die Liste der Grausamkeiten ist lang: Überfälle, Entführungen, Enthauptung und Verstümmelung sind an der Tagesordnung.
63 Polizisten, die auf dem Rückweg von einem Ausbildungskurs in Jordanien waren, sind am 14. November 2004 entführt worden. Die Beamten seien ohne Begleitung bewaffneter Wächter auf dem Rückweg von einem Lehrgang in Jordanien gewesen, als sie in ihrem Hotel in der Kleinstadt Trebil überfallen worden seien, berichtete der Beamte Leith Naama el Kaabi. Dort seien sie von rund zehn bewaffneten Kidnappern verschleppt worden. Die Angreifer hätten den Beamten Säcke über die Köpfe gestülpt, ihnen die Hände gefesselt und sie verschleppt. Nur el Kaabi und ein zweiter Polizist seien den Geiselnehmern entkommen. Erst im Oktober waren neun Polizisten auf ihrem Heimweg von Jordanien nach Kerbela überfallen und getötet worden.
Im so genannten "Todesdreieck" südlich von Bagdad sind in Latifija die verstümmelten Leichen von elf irakischen Nationalgardisten entdeckt worden. Krankenhausärzte in der Nachbarortschaft Mahmudija berichteten, die Toten hätten mitten auf einer Straße gelegen. Der Arzt Mohammed al-Dschanabi sagte, einige der Opfer, die Uniformen getragen hätten, seien enthauptet worden. Die Polizei hatte in Mahmudija bereits zwei Tage zuvor die Leichen von 18 enthaupteten Irakern entdeckt. Die US-Armee berichtete, sie hätte am Montag bei einer Razzia in der Nähe von Mahmudija einen irakischen Lastwagenfahrer aus der Geiselhaft befreit.
Mit Entsetzen reagierte die Welt auf die wahrscheinliche Ermordung der Britin Margaret Hassan im Irak. Der britische Premierminister Tony Blair nannte die Tat "verabscheuungswürdig". Auch Außenminister Joschka Fischer sprach von einem "abscheulichen Verbrechen". Der irische Regierungschef Bertie Ahern sagte, die Geiselnehmer "werden auf der ganzen Welt verurteilt". Die 59-jährige Entwicklungshelferin war vor vier Wochen in Bagdad verschleppt worden. Die gebürtige Irin besaß die britische und die irakische Staatsbürgerschaft und lebte seit 30 Jahren im Irak. EU-Nothilfekommissar Poul Nielson stellte jede weitere Unterstützung für den Irak in Frage.
Schröder und Chirac besorgt
Bundeskanzler Gerhard Schröder zeigte sich besorgt über die politische und militärische Entwicklung im Irak. Er glaube nicht, dass die Sicherheitsprobleme des Landes durch Entsendung von zusätzlichen Truppen gelöst werden könnten, sagte er in einem Zeitungsinterview. Dies könne nur durch Wahlen und eine autorisierte Regierung in Bagdad erreicht werden. Die Geschicke des Landes müssten in die Hände der Iraker gelegt werden. Der Kanzler rechnet nicht mit neuen Anfragen aus Washington für eine militärische Beteiligung Deutschlands. "Man hat bei unseren Partnern verstanden, wo unsere Grenzen sind", betonte er. Er hoffe, dass man in Washington einsehe, "dass man zwar Kriege allein gewinnen kann, den Frieden indessen nicht".
Der französische Staatspräsident Jacques Chirac hat den Irak-Krieg für eine Zunahme des weltweiten Terrorismus verantwortlich gemacht. "Ich bin ganz und gar nicht sicher, dass man sagen kann, die Welt ist sicherer", sagte Chirac einen Tag vor einem Besuch in Großbritannien am Mittwoch dem britischen Rundfunksender BBC. "Es gibt keinen Zweifel daran, dass der Terrorismus zugenommen hat, und einer der Gründe dafür ist die Lage im Irak", erklärte der Staatspräsident und wiederholte damit indirekt seine Kritik an den USA und Großbritannien für ihren Feldzug. In einem gewissen Maß sei die gewaltsame Absetzung Saddam Husseins eine "positive Sache" gewesen. Zugleich seien mit dem Krieg aber "Reaktionen provoziert worden wie etwa die Mobilisierung islamischer Männer und Frauen in einer Reihe von Ländern, was die Welt gefahrvoller gemacht hat", sagte Chirac weiter. (arn)