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Internationale Pressestimmen der vergangenen Woche

Barbara Zwirner21. Mai 2005

Deutsch-tschechisches Verhältnis / Vor der Landtagswahl in NRW / Kontroverse um Klonen von Embryonen / Referendum in Frankreich

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Die Kommentatoren der Auslandspresse beschäftigten sich in dieser Woche mit sehr unterschiedlichen Themen: unter anderem mit der erneuten Diskussion um die Vertreibung der Sudetendeutschen nach 1945 aus der ehemaligen Tschechoslowakei, der Stimmung vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen und der Kontroverse um die Stammzellenforschung anläßlich neuer Klon-Erfolge.

Zum Besuch von Bundeskanzler Gerhard Schröder in Tschechien schreibt die Prager Tageszeitung PRAVO:

"Allgemein existiert zwischen Berlin und Prag kein Problem - aber das bedeutet überhaupt nicht, dass man verschiedene Aspekte der gemeinsamen Vergangenheit nicht doch unterschiedlich wahrnimmt. Jedoch schwingt bei den Worten des Bundeskanzlers kein Druck und schon gar keine Drohung mit. Anders ist es mit Edmund Stoiber - schon einige Male unterrichtete er Tschechien, was Prag alles tun muss: die Benes-Dekrete streichen, beschlagnahmtes Eigentum zurückgeben, die Nachkriegsvertriebenen um ihre Rückkehr bitten und einen offiziellen Dialog mit der Landsmannschaft beginnen."

Die ebenfalls in Prag erscheinende LIDOVE NOVINY meint zum traditionellen Pfingsttreffen der Sudetendeutschen:

"Wer von den Sudetendeutschen eine ausgestreckte Hand der Versöhnung erwartet hatte, wurde enttäuscht. Denn noch immer sind die Gespräche der Tschechen mit den Vertriebenen kein Dialog, sondern zwei Monologe. Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Die eine ist die Zusammenarbeit der Regierungen in Prag und Berlin über die Köpfe der Vertriebenen hinweg. Die Alternative ist das tatkräftige Anpacken, wie es bereits Tausende tun - von Lokalpolitikern bis zu einzelnen Bürgern."


Zur bevorstehenden Landtagswahl ind Nordrhein-Westfalen merkt die Londoner Tageszeitung THE TIMES kritisch an:

"Wenn sie (die SPD) verliert, wird sich Schröder von dem Schlag kaum erholen. Die SPD hat die wirtschaftliche Lektion nicht gelernt. Mit ihrem kindischen Einschlagen auf den Kapitalismus wird sie die Arbeitslosen nicht zurückgewinnen. Und die oppositionellen Christdemokraten unter der Führung von Angela Merkel haben eine starke, Arbeitsplätze schaffenden Botschaft vorgelegt, die ihr und ihrer Partei großen Beifall eingebracht hat."

Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG resümiert:

"Der Verlust der Regierungsmacht in Düsseldorf nach 39 Jahren wäre für die SPD ein einschneidendes Ereignis, und es ist daher zu erwarten, dass ein Teil der Partei diesen Fall zum Anlass nähme, um von Schröder Korrekturen an seiner Politik zu verlangen. Schröder sähe sich dann zu einem kräftezehrenden und wenig glaubwürdigen Balanceakt gezwungen. Gegenüber der Öffentlichkeit müsste er die Richtigkeit der in den letzten Jahren betriebenen Politik betonen und zugleich Rücksicht auf die Stimmung in der SPD."


Zu Berichten über Menschenklone in Belgien, Südkorea und Großbritannien schreibt die BERNER ZEITUNG ironisch:

"Erst einmal geht es den Forschern darum, mit dem therapeutischen Klonen eine Waffe im Kampf gegen unheilbare Krankheiten zu entwickeln. Verantwortungsbewusst wie sie sind, wollen sie Gottes Werk höchstens ein bisschen verbessern. Dass dereinst geklonte Menschen auf der Erde wandeln, wird noch immer als Vision von Spinnern abgetan. Ethische Normen sind grenzenlos anpassungsfähig. Bis hin zum 'Endprodukt' des Forscherwahns: dem Menschen nach Maß, perfekt ausgestattet, perfekt angepasst. Schöne neue Welt."

Und in der Pariser Zeitung LE MONDE lesen wir:

"In einem Bereich, der auf den Kern des Lebens zielt und die Identität des menschlichen Individuums selbst betrifft, ist Vorsicht unverzichtbar. Doch ein einfaches Verbot, das der Forschung jede Perspektive nimmt, kann zu einer viel gefährlicheren Situation führen: zum Schmuggel von Embryonen, die in Privatlabors fabrikmäßig produziert werden, die sich in wahre Lebenswerkstätten im Untergrund verwandeln."


Abschließend eine Meinung zum französischen Referendum über die EU-Verfassung am 29. Mai. Die Zeitung OUEST FRANCE aus Rennes in der Bretagne formuliert den Appell, das deutsch-französische Werk der europäischen Einigung nicht zu gefährden:

"Frankreich und Deutschland haben andere Länder auf ihrem Weg mitgezogen, die schnell verstanden haben, dass Einheit nicht nur stark macht, sondern dass Einheit vor allem auch Frieden schafft. Wenn wir diese Verfassung ablehnen, verzögern wir beträchtlich die nötigen weiteren Fortschritte, und Frankreich zöge daraus keinen Vorteil, im Gegenteil."