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Medien: Ermittlungen gegen fünf VW-Mitarbeiter

29. Oktober 2015

Noch ist es nicht offiziell. Doch aus sicherer Quelle dringen erste Ermittlungsdetails im VW-Skandal an die Öffentlichkeit. Betroffen sind demnach auch Rentner. Die Staatsanwaltschaft selbst hält sich indes bedeckt.

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VW Symbolbild (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/P. Pleul [M]

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat mit ihren Ermittlungsverfahren im Abgas-Skandal mindestens fünf VW-Mitarbeiter im Fokus. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur (dpa) aus sicheren Quellen. Einer der Informationsgeber sprach von sechs Beschuldigten. Ein Sprecher der Anklagebehörde wollte sich auf Anfrage nicht äußern und verwies darauf, er könne zur Zahl der Beschuldigten gegebenenfalls in den kommenden Tagen mehr sagen.

Der dpa liegen aus dem Kreis der Verdächtigen vier Namen vor, die die Agentur aus juristischen Gründen nicht öffentlich nennt. Die Vorwürfe der Ermittler kreisen um Vorgänge aus den Jahren 2005 und 2006. Damals waren drei der vier Männer Führungskräfte der Abteilung für Aggregate-Entwicklung, wozu Motoren und Abgassysteme gehören. Zwei von ihnen sind inzwischen Rentner. Der vierte der dpa namentlich bekannte Verdächtige ist Softwareentwickler und soll, so der Vorwurf, das geheime Manipulationsprogramm geschrieben haben.

"Eher mehr als weniger Beschuldigte"

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Männer, da sie nach einem anfänglichen Verdacht inzwischen auch konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass sie in Straftaten verwickelt sein könnten. Details wollen die Ermittler nicht nennen. Als Straftatbestände kommen bisher vor allem Betrug und unlauterer Wettbewerb in Betracht. "Tendenziell werden es eher mehr als weniger Beschuldigte, je tiefer wir graben", hatte ein Sprecher der Behörde am Dienstag gesagt.

Anfang Oktober hatten Ermittler bei einer Razzia in der Wolfsburger Konzernzentrale viele Daten gesichert. Rund drei Wochen vor der Durchsuchung hatte VW erstmals eingeräumt, mit einem Computerprogramm Diesel-Abgaswerte manipuliert zu haben. Bei der Auswertung der Daten hilft das Landeskriminalamt der Staatsanwaltschaft inzwischen mit einer Sonderkommission. Das Verfahren soll sich mindestens noch bis ins nächste Jahr ziehen.

VW-Aufsichtsrat Stephan Weil (Archivbild: dpa)
"Nachholbedarf bei Eigenverantwortlichkeit und Teamwork": VW-Aufsichtsrat Stephan Weil (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa

"Rückständige Kritikkultur"

Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil, der im VW-Aufsichtsrat sitzt, warf dem kriselnden Autobauer derweil eine rückständige Kritikkultur vor. Es herrsche Nachholbedarf bei den Vorstellungen von Führung, Eigenverantwortlichkeit und Teamwork, sagte Weil der "Süddeutschen Zeitung". Man müsse von jedem Mitarbeiter erwarten, laut und deutlich zu sagen: "Ich mache nicht mit bei Gesetzesverstößen." Er glaube aber, dass allein die Aufarbeitung des Skandals die Unternehmenskultur in Wolfsburg verändern werde, so Weil.

Die Affäre um die weltweit elf Millionen manipulierten Diesel aus dem VW-Konzern war zuerst in den USA aufgedeckt worden, dem hinter China weltgrößten Automarkt. Trotz der Affäre setzt VW auch künftig auf das Land. "Die Vereinigten Staaten von Amerika gehören weiterhin zu einem der wichtigsten Märkte für Volkswagen", sagte VW-USA-Chef Michael Horn am einzigen US-Standort Chattanooga im Bundesstaat Tennessee.

Er bekräftigte, der Konzern werde 900 Millionen Dollar (820 Mio Euro) in die Produktion eines neuen Geländewagens stecken. Davon sollen allein 600 Millionen Dollar nach Chattanooga fließen, wo die Niedersachsen eine Fabrik mit derzeit rund 2400 Beschäftigten unterhalten. Dort soll der neue SUV Ende nächsten Jahres vom Band rollen. Dadurch entstehen 2000 zusätzliche Arbeitsplätze.

"US-Geschäft ist eine Katastrophenveranstaltung"

Vor 2007 hat der Konzern jahrelang Verluste in Nordamerika eingefahren, seitdem veröffentlicht VW keine Ergebnisse mehr für Nordamerika. Betriebsratschef Bernd Osterloh hatte das US-Geschäft im vergangenen Jahr als "Katastrophenveranstaltung" bezeichnet. Mit dem Abgas-Skandal kam noch ein massiver Imageverlust hinzu. Der Betrug war im September durch die US-Umweltbehörde EPA öffentlich gemacht worden.

Weltweit sind elf Millionen Fahrzeuge betroffen. In den Vereinigten Staaten drohen VW Strafzahlungen von bis zu 18 Milliarden Dollar. Hinzu kommt eine Vielzahl drohender Prozesse um Schadensersatz, die in Amerika leicht Größenordnungen von mehreren Milliarden Dollar erreichen können. Mehrere Anwaltskanzleien sitzen bereits in den Starlöchern: Ihre Sammelklagen sind schon auf den Weg gebracht.

jj/mm (dpa, rtr, sz)