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Im "Land der Menschen"

Per Henriksen4. Dezember 2002

Im Heimatland der Eskimos wurde am 3.12.2002 ein neues Landesparlament gewählt. Die größte Insel der Welt hängt am Nabel des kleinen Dänemark - und genießt dabei seine Sonderrolle.

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Vorsicht Hundeschlitten - Verkehrsschild in IlulissatBild: henriksen

Kalaallit Nunaat - so heißt die größte Insel der Welt auf grönländisch und bedeutet Land der Menschen. Grönland ist fast doppelt so groß wie Deutschland, Frankreich und Großbritannien zusammen, hat aber kaum mehr Einwohner als eine mittelgroße deutsche Stadt. Auf Grönland leben etwa 45.000 Grönländer und 10.000 Dänen.

Grönland hat seit 1979 eine weitgehende Selbstverwaltung mit eigenem Parlament in Nuuk (Godthåb). Die dänische Regierung ist lediglich zuständig für die Außen- und Verteidigungspolitik sowie für die Justiz. Als Zahlungsmittel gilt die dänische Krone. Wie in Dänemark kann auch der grönländische Regierungschef Wahlen ausschreiben, wenn es ihm passt. Am 15. Oktober platzte dem Regierungschef Jonathan Motzfeldt von der sozialdemokratischen Siumut Partei der Kragen, und er schrieb Neuwahlen aus.

Luftbild von Illulisat Grönland
Luftbild von Illulisat Ilulissat (Jakobshavn)Bild: henriksen

Nur ein Posten im Staatshaushalt

Die sozialistische Oppositionspartei Inuit Ataqatigiit, die auch ein unabhängiges Grönland fordert, hatte ein Misstrauensvotum gegen Motzfeldts Regierung angedroht, wegen eines Haushaltslochs im Etat von 2001. Das hatte man teilweise selbst mitzuverantworten, da Inuit Ataqatigiit bis zum Herbst letzten Jahres mit in Motzfelds Regierung war.

Sonst geht es im Parlament von Nuuk ziemlich familiär zu. Das Parlament hat 31 Mitglieder, und die Wahlen waren regulär für den 16. Februar 2003 anberaumt. Jetzt wird eben ein bisschen früher gewählt. Es geht also um Geld, oder vielmehr um Geld, das man nicht hat. Grönland ist ein Posten im dänischen Staatshaushalt mit zur Zeit rund 400 Millionen Euro pro Jahr, oder anders formuliert: Dänemark bezuschusst jeden Einwohner Grönlands mit gut 7000 Euro im Jahr. Alle Jahre wieder. Der Zuschuss ist übrigens in Dänemark unumstritten.

Fischerboot in Grönland
Fischerboot in Grönland Ilulissat (Jakobshavn)Bild: henriksen

In dem alten Landsting konnte man sich nicht über eine Reihe von unpopulären Sparmaßnahmen einigen. Grönland lebt immer noch zu 90 Prozent von Fischfang. Der Streit um den Fisch war auch der Grund, warum Grönland in 1985 wieder aus der EU austrat.

Der Kampf um den Fisch

Grönland war zusammen mit Dänemark in 1973 automatisch Mitglied der EU geworden, obwohl die Mehrheit der grönländischen Bevölkerung dagegen war. Aber der Zorn vor allem auf die großen spanischen Fischereiflotten führte dazu, das man wieder austrat. Die grönländische Wirtschaft ist mehr als je zuvor abhängig von der Zusammenarbeit mit der EU. Fast der gesamte Export geht in die EU, und der Verkauf von Fischereirechten an die EU ist eine gute Einnahmequelle für Grönland.

Die größten Probleme Grönlands sind hohe Arbeitslosigkeit, niedrige Durchschnittseinkommen, Alkoholmissbrauch, eine der höchsten Abtreibungsraten der Welt, und eine sehr junge Bevölkerung, die meistens schlecht ausgebildet ist. Da fast jede weiterführende Ausbildung in Dänemark gemacht werden muss, sind dänische Sprachkenntnisse eine Grundvoraussetzung.

Politisch gesehen gibt es starke Bestrebungen nach Selbstständigkeit, die besonderes in der Inuit Ataqatigiit vertreten sind. Nach einer neulich vorgenommenen Untersuchung wollen zwei Drittel der Bürger jedoch lieber mit einer vollständigen Selbständigkeit warten, bis sie ohne wirtschaftliche Probleme realisiert werden kann. Diese Frage stellt sich neu, wenn auf Grönland Öl gefunden wird. Irgendwo unter dem kilometerdicken Inlandeis gibt es höchst wahrscheinlich Öl, die Frage ist nur wo. Die Suche nach der sprichwörtlichen Stecknadel im Heuhaufen hat begonnen.