Himalaya-Stadt Leh ins Chaos gestürzt
6. August 2010Die Informationen aus dem Krisengebiet im indischen Teil Kaschmirs kamen zunächst nur spärlich: Fast sämtliche Kommunikationsverbindungen seien gekappt und die Verbindungsstraßen nach Srinagar und Manali blockiert, teilten die Behörden am Freitag (06.08.2010) mit. Im Zentrum der verheerenden Zerstörungen durch die Wassermassen infolge sintflutartigen Regens stehe aber auf jeden Fall Leh, die größte Stadt Ladakhs. In der bei ausländischen Reisenden beliebten Himalaya-Region seien etwa 90 Menschen ums Leben gekommen, viele würden noch vermisst. Insgesamt wurden im Katastrophengebiet im Norden Indiens mindestens 115 Leichen geborgen.
Im Schlaf von Wolkenbrüchen überrascht
Plötzliche Regenfälle hatten in der Nacht in der Touristenstadt im Hochgebirge eine Springflut ausgelöst. Hunderte Häuser seien weggerissen worden, Flughafen, Straßen und Telefonmasten seien beschädigt, berichteten Korrespondenten der Agentur AP. Soldaten und Polizisten hätten hunderte Menschen aus Schlamm und Trümmern gezogen. Nach Angaben des Polizeichefs des Unionsstaats Jammu-Kaschmir, Kuldeep Khoda, suchten allein in zwei staatlichen Notunterkünften mindestens 2.000 Menschen Zuflucht.
Dringender Appell an internationale Gemeinschaft
In Pakistan, das bereits seit einer Woche unter den Folgen des ungewöhnlich heftigen Monsuns leidet, verkündeten die Behörden für einige Regionen Alarmstufe rot. Ministerpräsident Yusuf Raza Gilani bat in einem dramatischen Appell die internationale Gemeinschaft um sofortige Hilfe.
Die Vereinten Nationen fürchten noch eine weitere Eskalation: "Die Regenfälle dürften noch zwei bis vier Wochen andauern", sagte der UN-Nothilfekoordinator für Pakistan, Martin Mongwanja, in New York. Auch den Süden werde es in vollem Umfang treffen.
Hunderttausende Menschen evakuiert
Im Zentrum und im Süden wurden am Freitag Dutzende weitere Dörfer überschwemmt. Der Punjab, die Kornkammer des Landes, musste den Verlust riesiger landwirtschaftlicher Flächen beklagen. In Sindh wurden inzwischen etwa 350.000 Bewohner aus niedrig gelegenen Dörfern in Sicherheit gebracht, wie der Leiter der Katastrophenbehörde, Saleh Farroqi, mitteilte. Zehntausende hausen unter freiem Himmel entlang der Straßen oder auf Feldern.
Im Swat-Tal im Norden mussten Hubschrauber mit Hilfsgütern für die Hochwasseropfer wegen eines Sturms am Boden bleiben. Im Nordwesten sind 30.000 Soldaten im Einsatz, um Notlager zu errichten und Straßen und Brücken zu reparieren.
Der heftigste Monsun seit Jahrzehnten hat ausgehend vom Nordwesten vor allem den Indus anschwellen lassen. Bereits 1.600 Menschen sind ums Leben gekommen. Laut UN leiden mehr als 4,5 Millionen unter den Folgen, der Krisenstab in Islamabad spricht unterdessen sogar von zwölf Millionen Betroffenen.
Autor: Siegfried Scheithauer (ap,afp,dpa)
Redaktion: Sabine Faber