Flutkatastrophe weitet sich nach Süden aus
5. August 2010Zehntausende haben sich mit ihren letzten Habseligkeiten auf dem Rücken oder auf dem Kopf auf die Flucht gemacht, viele noch Kinder oder ältere Angehörige mit sich schleppend: Nach dem Nordwesten überschwemmen die Wassermassen jetzt auch die Provinzen Punjab in Zentralpakistan und Sindh im Süden. Etwa vier Millionen Pakistaner sind bereits von dem verheerenden Hochwasser betroffen, das insbesondere vom im Himalaya entspringenden Indus durch das gesamte Land gespült wird. Nach amtlichen Angaben vom Donnerstag (05.08.2010) kamen bislang mehr als 1.600 Menschen ums Leben.
Indus-Pegel steigt und steigt
Schätzungsweise eine halbe Million Menschen werden jetzt im Süden und Südosten aus den tiefergelegenen Regionen evakuiert. Hunderte Dörfer seien bedroht, teilte die Provinzverwaltung von Sindh mit. Große Ackerflächen sind überflutet. Die Armee unterstützt mit 450 Booten und 40 Hubschraubern die Rettungs- und Versorgungsmaßnahmen. Wegen weggespülter Straßen und Brücken ist der Weg in viele Orte aber versperrt.
Weite Landstriche seien "nur aus der Luft erreichbar", berichtete der Leiter des UN-Hilfseinsatzes, Manuel Bessler, in einer Telefonkonferenz in Genf. Auch die Hilfsgüter aus dem Ausland brauchen oft lange bis in die Katastrophengebiete. Im stark zerstörten Swat-Tal im äußerten Norden startete das Welternährungsprogramm der UN eine weitere Luftbrücke mit Hubschraubern.
Angesichts der desaströsen Verhältnisse wächst die Kritik an Regierung und Behörden. Der Heereskommandeur im Punjab, General Nadir Zeb, verteidigte sich, viele Flutopfer hätten Hochwasserwarnungen ignoriert. Sie hätten die Gefahr erst erkannt, als die Wassermassen ihre Städte und Dörfer erreichten.
Regierung und Präsident am Pranger
Vielerorts wird beklagt, von staatlicher Seite komme keinerlei Hilfe an, während Ministerpräsident Yusuf Raza Gilani beteuerte, Hilfsgüter seien in ausreichendem Maße vorhanden. Ein schlechtes Licht auf die Verantwortlichkeit und das Engagement der politischen Führung wirft zudem die aktuelle Europareise von Präsident Asif Ali Zardari. Gerade in Zeiten einer solchen Katastrophe brauche die Bevölkerung das Gefühl, "dass ihre Führer zu ihnen stehen", hieß es in Kommentaren der Tagespresse.
Zardaris Berater Farahnaz Ispahani verteidigte die Reise mit dem Hinweis, dass der Präsident nach den jüngsten Verfassungsänderungen viele seiner Vollmachten an den Regierungschef abgegeben habe und nun eher repräsentative Pflichten habe. Insbesondere bei seinen Gesprächen in London gehe es um die langfristige Zukunft des Landes.
Autor: Siegfried Scheithauer (rtr,ap,afp)
Redaktion: Sabine Faber