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Helfen mit Uniabschluss

28. Januar 2010

Die Ruhr-Universität Bochum bildet Krisenhelfer aus – in einem interdisziplinären Studiengang. Die wenigen Studienplätze sind gefragt, genau wie die Absolventen. Und die brauchen vor allem eins: Management-Qualitäten.

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Training mit Jeeps im Feld im Rahmen des Studiengangs Humanitäre Hilfe, Ruhr-Universität Bochum (Foto: Institute for International Law of Peace and Armed Conflict (IFHV) der Ruhr-Universität Bochum)
Training mit Jeep - im Rahmen des StudiengangsBild: IFHV

Nach dem verheerenden Erdbeben auf Haiti benötigen nach wie vor abertausend Opfer dringend Hilfe. Aber Ärzte können sich noch so engagiert um Verletzte kümmern und Ingenieure um den Wiederaufbau der Infrastruktur – wenn es keinen gibt, der den Überblick hat und die Einsätze managt, funktioniert das alles nicht so effizient, wie es funktionieren könnte. "Die ganze Welt sendet Güter nach Haiti, und dort entsteht dann an vielen Stellen ein großes Chaos. Das muss gemanagt werden, um den Einsatz effektiver zu machen", sagt Hans-Joachim Heinze.

Heinze arbeitet als Dozent am Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht an der Ruhr-Universität Bochum. Er ist einer der Ausbilder der Krisenhelfer von morgen, die sich hier seit 1993 im Rahmen des Zusatzstudienganges "Humanitäre Hilfe" ausbilden lassen. Es ist ein Zusatzstudiengang, die Studierenden müssen schon einen akademischen Abschluss mitbringen. Einige sind Mediziner, andere haben Jura studiert, aber auch Ingenieure, Politikwissenschaftler und Ethnologen interessieren sich für den Studiengang. Die Bochumer kooperieren dabei mit sieben Hochschulen, unter anderem mit Bilbao, Aix-Marseille, Uppsala und Dublin.

Begehrte Absolventen

Vom ersten Semester an werden die Studierenden in verschiedenen Fächern ausgebildet - Management, Anthropologie, Geopolitik, Medizin und Recht. Im zweiten Semester können sie dann an eine der Partner-Universitäten wechseln und sich auf einen Schwerpunkt konzentrieren oder in Bochum bleiben. Hier legt man dann vor allem Wert auf Programm- und Projektmanagement und auf die Schaffung von Institutionen, also "institution building". An den Partneruniversitäten liegen die Schwerpunkte unter anderem im Bereich Konfliktmanagement, Konfliktforschung oder bei Wiederaufbau und langfristiger Entwicklungshilfe.

Erste Hilfe Training im Rahmen des Studiengangs Humanitäre Hilfe, Ruhr-Universität Bochum (Foto: Institute for International Law of Peace and Armed Conflict (IFHV) der Ruhr-Universität Bochum)
Erste-Hilfe-Training im Rahmen des StudiengangsBild: IFHV

In Bochum ausgebildete Krisenhelfer, sagt Studiengangleiter Markus Moke, sind auch auf Haiti im Einsatz. "Wir haben Lehrende, die in unserem Studiengang unterrichten, die sind vor Ort; aber auch ehemalige Absolventen, die vor zwei, drei Jahren ihren Abschluss erworben haben, die für Organisationen vor Ort tätig sind." Pro Studienjahr bildet die Universität Bochum 20 Krisenhelfer aus, die nach der Abschlussprüfung den akademischen Grad "Master in Humanitarian Assistance" erhalten. Die Europäische Union schätzt, dass jedes Jahr etwa 140 solcher Krisenexperten benötigt werden.

Helfen wollen für wenig Geld

Der Arbeitsmarkt für humanitäre Helfer ist groß. Viele können die ausgebildeten Helfer gut gebrauchen - das Internationale Komitee des Roten Kreuzes zum Beispiel, aber auch Organisationen der UN und alle humanitäre Organisationen, die in der Bundesrepublik tätig sind. Die Krisenhelfer müssen im Einsatz dann unter anderem Verhandlungen mit den Ministerien in Krisengebieten führen, damit die angebotene Hilfe die Opfer auch rechtzeitig erreicht. Und nicht selten, wie derzeit auf Haiti, geht es darum, die Einsätze der diversen Hilfsorganisationen zu koordinieren.

Installation einer Wasserpumpe bei einer Übung im Rahmen des Studiengangs Humanitäre Hilfe, Ruhr-Universität Bochum (Foto: Institute for International Law of Peace and Armed Conflict (IFHV) der Ruhr-Universität Bochum)
Übung - Installation einer WasserpumpeBild: IFHV

Die Studierenden, das zeigt die Erfahrung, reizt insbesondere die Aufgabe, anderen in Krisenfällen zu helfen. Das gilt auch für die 28-jährige Theresa Rieps, die ihre Motivation so zusammenfasst: "Eine zielgerichtete Leidenschaft, anderen helfen zu können." Sie hat Philosophie und Pädagogik studiert und sich dabei schon für Alphabetisierungsprogramme, speziell in Brasilien, interessiert. "Ich möchte mich unbedingt professionalisieren, das ist mein Herzenswunsch."

Dass sie bei späteren Einsätzen in Krisenregionen auch auf Widerstände stoßen kann und Durchsetzungsvermögen benötigt, das ist Theresa Rieps bewusst. Besonders viel verdienen wird sie auch nicht, im Durchschnitt 2500 Euro brutto im Monat. Sie wird viel in der Welt unterwegs sein und sich zu Beginn auch nicht spezialisieren können, sondern in allen Krisenmanagement-Bereichen arbeiten. Trotzdem: Das Interesse an dem Studiengang ist beachtlich. Auf die 20 Plätze, die jedes Jahr zur Verfügung stehen, bewerben sich allein in Bochum jedes Jahr über 300 Interessenten.

Autor: Klaus Deuse

Redaktion: Marlis Schaum