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Heiner Bielefeldt: Chancen für Gründung eines Anti-Folter-Komitees in Deutschland steigen

26. November 2004

Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte im Interview von DW-WORLD.DE - Bundesjustizministerium dementiert Bund-/Länder-Einigung

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Das Deutsche Institut für Menschenrechte in Berlin sieht angesichts der jüngsten Diskussionen über Folter-Androhungen sowie Misshandlungen in der Bundeswehr bessere Chancen für die Gründung eines Anti-Folter-Komitees in Deutschland. Der Direktor des im Jahr 2001 auf Empfehlung des Deutschen Bundestages gegründeten Instituts, Heiner Bielefeldt, sagte in einem Interview von DW-WORLD.DE: "Mittlerweile sieht es so aus, dass es zu einer Einigung zwischen Bund und Ländern kommen kann." Widerstände seien "sehr viel leiser und weitgehend überwunden worden". Möglicherweise habe auch die Diskussion der vergangenen Monate über Folterungen US-amerikanischer Militärs im Gefängnis von Abu Ghraib (Irak) "hierzulande deutlich gemacht, dass man etwas tun muss".


Bielefeldt wies darauf hin, dass die Bundesregierung das von der UN-Generalversammlung Ende 2002 verabschiedete Zusatzprotokoll zur Anti-Folter-Konvention noch nicht ratifiziert habe. Um in Kraft zu treten, müsse es von mindestens 20 Staaten gebilligt werden. Die Vereinbarung legt einen Schwerpunkt auf die Prävention von Folter weltweit und sieht die Bildung nationaler Anti-Folter-Komitees vor. Zu deren Aufgaben gehört unter anderem die Überprüfung von Haftanstalten, Alten- und Pflegeheimen sowie Militäreinrichtungen. Grundsätzlich, so Bielefeldt zu DW-WORLD.DE, dem Internet-Angebot der Deutschen Welle, "muss der Rechtsstaat auch im Kampf mit seinem Gegner seinen eigenen Rechtsprinzipien treu bleiben. Das Folterverbot ist dabei die Nagelprobe."


Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums widersprach auf Anfrage von DW-WORLD.DE Medienberichten, wonach bereits eine Einigung zwischen Bund und Ländern erzielt worden sei. "Zehn Bundesländer stehen noch auf der Kippe", so Ulf Gerber. Es gebe auch Vorbehalte wegen der Finanzierung eines nationalen Komitees. Das Bundesjustizministerium bringe dem UN-Zusatzprotokoll "ungeteilte Zustimmung entgegen", es werde im Dezember das überarbeitete Modell eines nationalen Anti-Folter-Komitees präsentieren. Er gehe davon aus, "dass wir das Protokoll im nächsten Jahr ratifizieren können". Gerber zu DW-WORLD.DE: "Transparenz dient immer dazu, Missbrauch im Keim zu ersticken." So sei etwa im Bereich der Polizei mehr Transparenz geboten: "Hier gibt es keine Überwachung."

26. November 2004
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