Geisterbeschwörung?
23. August 2012Es gehe nicht bloß um Ökonomie sondern um "zutiefst politische Fragen". Das sei der Geist, in dem sie in die Gespräche mit dem französischen Präsidenten Francois Hollande gehe, kündigte Kanzlerin Angela Merkel an. Allen sei klar, dass die "Anfangsfehler der europäischen Währung" noch nicht nicht behoben seien.
Gerade bei der gemeinsamen Währung sei mehr politische Integration nötig, so die Kanzlerin. Mit Blick auf die Eurozone müsse es geschafft werden, "dass jeder Partner seine Verpflichtungen einhält". Womit sie den Blick nach Athen lenkte und erklärte: "Was Europa braucht, um als Partner in der Welt ernst genommen zu werden, das ist Glaubwürdigkeit".
Hält Athen den Sparkurs durch?
Und das ist der springende Punkt, um den gleich mehrere Fragen kreisen: Schaffen es die von der Pleite bedrohten Hellenen, in der Eurozone zu bleiben? Oder können sie den drastischen Sparkurs nicht mehr durchhalten? Ist die Geduld der internationalen Kreditgeber dann auch am Ende?
Schnelle Antworten wird es nicht geben, darüber sind sich die Hauptakteure einig. Zunächst müsse der Bericht der sogenannten Troika abgewartet werden. Die Experten von EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds wollen im September nochmals überprüfen, ob Griechenland mit seinen Zusagen im Zeitplan liegt.
Widerstände überwinden
Bis dahin muss Regierungschef Antonis Samaras das versprochene Sparpaket in Höhe von 11,5 Milliarden Euro gegen den gewaltigen Widerstand im eigenen Land durchsetzen. Wenn das nicht gelingt, gibt es keine weiteren Hilfszahlungen.
Zwar ist die Regierung in Athen zuversichtlich, dass sie das Sparprogramm für 2013 und 2014 unter Dach und Fach bringen kann, damit die Hilfszahlungen von 31,5 Milliarden Euro freigegeben werden. Doch angeblich ist das Loch inzwischen viel größer, von 14 Milliarden ist die Rede.
Samaras hat bereits mehr Zeit für die verlangten Reformen gefordert. In verschiedenen Zeitungsinterviews kündigte er zudem an, 30 Milliarden Euro durch Privatisierungen einnehmen zu wollen. Aber in der Berliner Koalition ist die Bereitschaft zu weiteren Zugeständnissen verschwindend gering. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Vize-Kanzler Philipp Rösler (FDP) lehnen eine zeitliche Streckung der Sparauflagen ab. "Mehr Zeit ist keine Lösung der Probleme" und bedeute im Zweifel mehr Geld, so Schäuble.
Letzte Chance
Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker sprach nach seinem Besuch in Athen am Mittwoch von einer letzten Chance für die Griechen. Zugleich signalisierte er aber auch Gesprächsbereitschaft. Und die Franzosen? Laut Presseberichten drängt Frankreich mit anderen Südländern darauf, Athen in der Eurozone zu halten und dafür notfalls neue Hilfsgelder locker zu machen.
Hollande setzt auf eine Stärkung des Wachstums, und als Sozialist hält er Sparanstrengungen generell für Gift. Griechenland rechnet auch für dieses Jahr mit einer Rezession. Das Bruttoinlandsprodukt soll um sieben Prozent schrumpfen. Nach Ansicht von Experten könnte Samaras daher auf eine Klausel in den europäischen Vereinbarungen verweisen, nach der "im Falle einer bedeutenden Rezession, stärker als vorhergesehen", ein Aufschub bei den Auflagen möglich ist.
Der Abstimmungsbedarf zwischen dem französischem Präsidenten und der Kanzlerin sei damit grundsätzlich groß, sagte Merkels Sprecher und fügte hinzu: Dieser Abstimmungsbedarf sei allerdings immer groß.
uh/qu (afp, rtr,dapd)