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In großer Runde

Henrik Böhme, zurzeit in Toyako9. Juli 2008

Auf der nordjapanischen Insel Hokkaido ist der Gipfel der sieben führenden Industriestaaten und Russlands (G8) zu Ende gegangen. Am letzten Tag ging es noch einmal um Klimaschutz, diesmal allerdings in größerer Runde.

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Oxfam-Aktivisten mit Masken lassen Ballons steigen (AP Photo/Itsuo Inouye)
Oxfam-Aktivisten veranschaulichten in Japan mit ihrer Ballon-Aktion das globale CO2-ProblemBild: AP
Gruppenfoto G8 und weitere Staatschefs (AP Photo/Pablo Martinez Monsivais)
In großer Gruppe erscheinen selbst die ganz Großen der internationalen Politik nur noch ganz kleinBild: AP

Beim G8-Gipfel zu Gast waren am Mittwoch (09.07.2008) die Staats- und Regierungschefs aus China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika. Darüber hinaus hatten die japanischen Gastgeber noch Vertreter aus Indonesien, Südkorea und Australien eingeladen. Da musste am Ende der ganz große Tisch herausgeholt werden, damit alle Platz fanden.

Für harmonische Töne war die Runde damit eindeutig zu groß. Kühl konterten Chinas Staatschef Hu und Indiens Premier Singh, als die G8 ihre am Vortag erreichte Einigung beim Klimaschutz präsentierten: Halbierung der Treibhausgase bis 2050. Viel zu wenig, so monierten die beiden. Da müsse schon deutlich mehr kommen, wenn die Acht ihrer Verantwortung gerecht werden wollten, sagte Hu und verwies darauf, dass China den Klimaschutz vor einigen Tagen zum nationalen Ziel erhoben habe.

Hartes Ringen

George W. Bush, Dmitry Medwedew und Angela Merkel beim G8-Treffen (AP Photo/Pablo Martinez Monsivais)
George W. Bush, Dmitri Medwedew und Angela Merkel beim G8-TreffenBild: AP

Das Beispiel zeigt, wie hart hier gerungen wurde - und vor allem: Wie viel Arbeit noch bevorsteht, um zu einem neuen Klimaregime zu gelangen. Dennoch stieg Bundeskanzlerin Angela Merkel zufrieden ins Flugzeug zurück nach Berlin.

Zum einen, weil der von ihr vor einem Jahr initiierte so genannte Heiligendamm-Prozess - also der Dialog mit den Schwellenländern- nun intensiviert wird. Und zweitens sei man auch beim Klimaschutz erfolgreich gewesen. Erstmalig in der Geschichte habe es ein Treffen von Staats- und Regierungschefs zu diesem brennenden Thema gegeben. "Das heißt", so die Kanzlerin, "hier übernimmt die internationale Gemeinschaft auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs Verantwortung". Es sei deutlich geworden, dass kein Land auf der Welt heute die Probleme alleine lösen könne. "Wir müssen zusammenstehen."

Wenig Substanz

Diesen Optimismus teilen freilich nicht alle, die die Gespräche in Toyako verfolgten. Angesichts einer überbordenden Tagesordnung, die keinen Platz für Debatten ließ, konnte wohl auch kaum mehr dabei herauskommen. Die Hungerkrise beispielsweise kam erst in letzter Minute auf die Agenda. Außer ihre tiefe Sorge zu äußern, sei den G8 kaum etwas eingefallen, meinte Jörn Kalinski von der Hilfsorganisation Oxfam. "Dieser Gipfel wird wahrscheinlich als der Krisengipfel in die Geschichte eingehen - angesichts von Ölpreiskrise, Nahrungsmittelkrise, Wirtschaftskrise, Klimawandelkrise."

Wenn man die Herausforderungen sehe und auf der anderen Seite, welche Versprechungen hier gemacht würden, dann sei das Urteil klar: "Das ist ein Versagen."

Verlierer Afrika

Ein Versagen bei der Afrika-Hilfe konnte gerade noch verhindert werden. Denn in den Abschlussdokumenten waren konkrete Zahlen zunächst weggelassen worden - wohl um den Eindruck zu vermeiden, man wolle nur alte Zusagen bekräftigen.

Am Ende waren die Zahlen dann zwar aber wieder drin. Und nun gibt es immerhin einen Zielkorridor für die vor einem Jahr zugesagten 60 Milliarden Dollar für die Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria.

Afrika-Experte Marven Meier vom Hilfswerk World Vision sieht für den Kontinent nichts wirklich Neues. Das Beispiel Nahrungsmittelkrise mache dies deutlich. Die hänge auch mit europäischen Agrarsubventionen zusammen. "Solange an dieser Front nichts passiert, nützen auch zehn Milliarden Dollar an Soforthilfe wenig." Denn damit würden nur die Symptome bekämpft. Die Ursache seien aber teilweise unfaire Strukturen auf dieser Welt, die die armen Länder – auch in Afrika – benachteiligen. "Wenn da nichts passiert, klingt es immer hohl, wenn Gelder als Soforthilfe zur Linderung der Symptome zugesagt werden."

Neue Chance

Am Ende dieser drei Tage in idyllischer Umgebung bleibt ein Funken Hoffnung. Darauf, dass es im kommenden Jahr beim nächsten Gipfel, deutlichere Fortschritte gibt – vor allem beim Klimaschutz. Auch dann trifft man sich wieder auf einer Insel: Italien hat eingeladen nach La Maddalena, einer Insel vor Sardinien.