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Freundlicher Empfang

Matthias von Hein28. Januar 2009

China und die EU rücken wegen der Finanzkrise näher zusammen. Menschenrechte spielen beim Besuch von Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao in Europa kaum eine Rolle. Die EU will die strategische Partnerschaft vertiefen.

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Wen Jiabao (Quelle: AP)
Wilkommen in Davos: Chinas Premier Wen Jiabao besucht das WeltwirtschaftsforumBild: AP

Vor knapp zwei Monaten hätte der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao schon einmal nach Europa kommen sollen: zum EU-China-Gipfel in Lyon. Den Termin aber ließ die chinesische Seite kurzfristig platzen. Peking war nämlich erbost. Denn der damalige Ratsvorsitzende der Europäischen Union, Frankreichs Präsident Nicholas Sarkozy, wollte trotz chinesischen Drucks nicht auf ein Treffen mit dem Dalai Lama in Polen verzichten.

Einige Wochen später aber ist von Differenzen wegen Chinas Tibet-Politik und der chinesischen Menschenrechtspolitik wenig zu hören. Dafür hört man umso mehr von der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise und von einem chinesischen Konjunkturpaket in Höhe von umgerechnet 450 Milliarden Euro. Nun reist der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao im Sauseschritt durch Europa. Er besucht fünf Länder in sieben Tagen, am Mittwoch (28.01.2009) nimmt er am Weltwirtschaftsforum in Davos teil.

"Strategische Partnerschaft"

Demo (Quelle: AP)
Tibet-Unterstützer protestierten am Dienstag in Bern gegen den Besuch von Wen JiabaoBild: AP

Die EU empfängt ihn freundlich – angesichts der Krise sind beide Seiten aufeinander angewiesen. Kommissionspräsident Manuel Barroso sagte dem chinesischen Staatsfernsehen CCTV: "Die Europäische Union hat sehr großes Interesse an einer Zusammenarbeit mit unseren chinesischen Partnern, um uns einigen gemeinsamen Herausforderung zu stellen – von der Wirtschaftssituation bis zum Klimawandel und anderen größeren Herausforderungen. Daher werden wir mit Premier Wen und den chinesischen Behörden daran arbeiten, diese wichtige strategische Partnerschaft zwischen China und der Europäischen Union zu vertiefen."

Die Beziehungen zwischen der EU und China sind sehr eng – zumindest wirtschaftlich. China ist der zweitgrößte Handelspartner der EU. Umgekehrt ist das vereinte Europa sogar der größte Handelspartner Chinas. In den letzten fünf Jahren hat sich der bilaterale Handel auf rund 300 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Allerdings: Europa fährt ein massives Handelsdefizit ein. 2007 kletterte es auf 160 Milliarden Euro – und wächst seither weiter. Deswegen ist China immer wieder Ziel europäischer Anti-Dumping-Aktionen.

Uneinige Europäer

Barroso und Wen Jiabao (Quelle: AP)
EU-Kommissionspräsident Barroso will die Beziehungen zu China vertiefen (Archivbild)Bild: AP

Im Herbst 2006 veröffentlichte die EU ein Strategiepapier, das sich außerordentlich kritisch mit dem Aufstieg Chinas auseinandersetzte. Auch der China-Experte Eberhard Sandschneider von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) sieht die Beziehungen der EU zu China kritisch. Seiner Meinung nach werden die Beziehungen schön geredet.

Allerdings sieht Sandschneider das Problem auf europäischer Seite: "Das eigentliche Kernproblem der europäisch-chinesischen Beziehungen ist die mangelnde Koordinierung innerhalb Europas. Das gibt den Chinesen natürlich die Möglichkeit, immer mal geschickt zu taktieren: Den einen zu loben, den anderen zu strafen oder gegeneinander auszuspielen. China hat begriffen, dass die Europäische Union ein wichtiger wirtschaftlicher Partner ist, aber politisch alles andere als mit einer Stimme spricht. Das macht es für Europa nachdrücklich schwer, entsprechend der ganzen Wucht seines politisch möglichen Einflusses aufzutreten."

Kein Besuch in Paris

Vielleicht spiegelt sich diese Strategie des "Teile und Herrsche" auch in der Reiseroute des chinesischen Premiers wieder. Wen Jiabao besucht Berlin, Brüssel, Madrid und London, Frankreich spart er aus. Als Grund wurde allerdings Zeitmangel genannt und nicht die Verärgerung über das Treffen Sarkozys mit dem Dalai Lama.