Freispruch im Kaprun-Prozess
19. Februar 2004
Mehr als drei Jahre nach der verheerenden Gletscherbahnkatastrophe im österreichischen Wintersportort Kaprun ist der Prozess mit Freisprüchen für alle 16 Angeklagten zu Ende gegangen. Das Beweisverfahren habe eine vollständige Entlastung der Angeklagten erbracht, sagte Richter Manfred Seiss am Donnerstag (19.2.2004) in Salzburg. Im Gerichtssaal reagierten Hinterbliebene der Opfer mit lautstarkem Protest auf die Freisprüche.
Heizstrahler war Brandursache
Bei dem Unglück im November 2000 waren 155 Menschen gestorben - unter ihnen auch 37 Deutsche. Die Gletscherbahn, die ins Skigebiet Kitzsteinhorn hoch führt, war in Brand geraten und in einem Tunnel völlig ausgebrannt. Auslöser des Unglücks war nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ein für Badezimmer geeigneter Heizstrahler, der nachträglich und unsachgemäß in den Führerstand eingebaut wurde - direkt hinter den Bremsleitungen des "Gletscherjets". Die Bremsleitungen überhitzten sich und fingen innerhalb von Minuten Feuer.
Lange Gerichtsverhandlungen
In dem seit 16 Monaten andauernden Prozess mussten sich Mitarbeiter der Gletscherbahn, TÜV-Spezialisten, Konstrukteure und Spitzenbeamte des Wiener Verkehrsministeriums vor dem Salzburger Landgericht verantworten. Das Gericht hatte seit dem Prozessauftakt im Sommer 2002 insgesamt 95 Zeugen und acht Sachverständige angehört. "Herbeiführung einer Feuersbrunst", und "fahrlässige Gemeingefährdung" lautete die Anklage.
Die Staatsanwaltschaft hatte den Beschuldigten vorgeworfen, durch fahrlässiges Handeln den Unfall verursacht zu haben. Es gab in der Seilbahn weder Feuerlöscher noch ließen sich die Türen öffnen. Die Verteidiger hatten jede Schuld bestritten, weil der Brand nicht vorhersehbar gewesen sei. In seiner mehr als zweistündigen Urteilsbegründung sagte der Richter, die Angeklagten seien für den Brand nicht verantwortlich. Kein Experte habe so ein Risiko vorhersehen können. "Die Seilbahn entsprach dem neuesten Standard, sämtliche Vorschriften wurden erfüllt." Mögliche Schadenersatzanträge müssten auf zivilem Wege durchgesetzt werden.
Angehörige fordern Schadenersatz
Die Hinterbliebenen der Toten haben bereits Schadenersatzklagen gegen die Gletscherbahn und die am Bau beteiligten Firmen eingereicht. Das Kapruner Inferno hatte auch Sicherheitsmängel in anderen österreichischen Seilbahnen offen gelegt. So gab es zum Zeitpunkt des Unglücks noch keine Brandschutzvorschrift für Seilbahnen. Erst nach dem Unglück wurde der Brandschutz in Seilbahnen gesetzlich geregelt. (ch/ali)