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Freie Fahrt für die Forschung

10. Juli 2003

Für die umstrittene Embryonenforschung soll es nach dem Willen der EU-Kommission eine weit reichende Förderung mit EU-Geldern geben. Dies sehen Kriterien vor, auf die sich die EU-Kommission in Brüssel verständigte.

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Objektträger mit embryonalen StammzellenBild: AP

Die in Deutschland umstrittene Forschung an menschlichen embryonalen Stammzellen hat auch eine europäische Komponente. Vor einem Jahr wurde das 6. Forschungsrahmenprogramm der EU verabschiedet, das insgesamt ein Volumen von 17,6 Milliarden Euro für den Zeitraum bis 2006 vorsieht, damit die europäische Forschung mit der Konkurrenz in den USA und anderswo mithalten kann. Für den Bereich Biowissenschaften, Genforschung und Biotechnologie im Dienst der Gesundheit sind davon 2,2 Milliarden Euro veranschlagt.

Dürfen mit Geldern aus diesem spezifischen Topf wissenschaftliche Experimente gefördert werden, bei denen mit embryonalen Stammzellen geforscht wird? Diese Frage ist seit dem Grundsatzbeschluss über das EU-Rahmenprogramm umstritten. Unter Hinweis auf die restriktive Rechtslage einiger Mitgliedstaaten, in denen die Embryonenforschung verboten ist, meldeten Deutschland, Österreich, Irland, Italien und Portugal Bedenken gegen die EU-Finanzierung an. Zu den Befürwortern gehören Großbritannien und Schweden.

Vorschlag der EU-Kommission

Derweil legte die EU-Kommission am Mittwoch (9. Juli 2003) die neuen Leitlinien zur Stammzellenforschung vor. Darin wird bestimmt, dass die EU grundsätzlich auch Forschungsvorhaben fördern will, bei denen Embryonen für die Herstellung von Stammzellen zerstört werden. EU-Wissenschaftskommissar Philippe Busquin präsentierte in Brüssel den Vorschlag: Für die Forschungsförderung soll eine Stichtagsregelung gelten, nach der zur Stammzellgewinnung nur Embryonen genutzt werden dürfen, die vor dem 27. Juni 2002 entstanden sind. Dabei sollen nur solche Embryonen verwendet werden, die bei künstlichen Befruchtungen übrig geblieben waren.

Voraussetzung für eine Förderung soll zudem sein, dass Eltern, die eine künstliche Befruchtung machen ließen, überzähligen Embryonen für die Forschung freigaben. Sie dürfen davon keine finanziellen Vorteile haben.

Endgültige Entscheidung Ende des Jahres

Im weiteren Verlauf müssen die EU-Staaten über den Vorschlag beraten und abstimmen. Dann muss der Vorschlag noch vom EU-Ministerrat gebilligt werden. Es wird erwartet, dass sich Widerstand im zuständigen Ministerrat formiert und Änderungen verlangt werden. Eine Entscheidung muss bis Ende des Jahres fallen. Bis zum Herbst dürfen nach Beschluss der EU-Staaten keine derartigen Projekte gefördert werden.

Die Regelung der EU-Kommission widerspräche deutschem Recht, denn die so genannte verbrauchende Embryonenforschung ist in Deutschland verboten. Ungeachtet der möglichen Forschungserfolge werden Embryonen, die nach deutschem Recht schon als Lebewesen gelten, hier geschützt. In Deutschland ist es nur erlaubt mit Stammzellenlinien zu experimentieren, die vor dem 1. Januar 2002 aus Embryonen gewonnen wurden. Das Töten von Embryonen ist strafbar.

Der Kommissionsvorschlag respektiert zwar ausdrücklich die nationale Gesetzgebung. Dennoch müssten auch Staaten mit Verboten die verbrauchende Embryonenforschung indirekt über den EU-Haushalt mitfinanzieren. Die Forschung soll aber nur dann mit EU-Mitteln unterstützt werden, wenn es keine Alternative zu dem Projekt gebe, beispielsweise durch die Nutzung so genannter adulter Stammzellen von Erwachsenen. (pf)