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Franziskus in Bolivien - fast ein Heimspiel

9. Juli 2015

Dass der Papst aus Rom kommt, dürfte in Bolivien nicht sonderlich interessieren. Dafür um so mehr, dass der leutselige Seelsorger aus dem großen Nachbarland im Süden stammt. Das reicht für himmliche Begeisterung.

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Der Papst im bolivianischen Santa Cruz inmitten der Menschenmassen (Foto: picture-alliance/dpa/M. Alipaz)
Bild: picture-alliance/dpa/M. Alipaz

Hunderttausende Menschen haben Papst Franziskus im Andenstaat Bolivien einen begeisterten Empfang bereitet. Da wollte auch Staatspräsident Evo Morales nicht hintanstehen, er überreichte Franziskus am Flughafen von El Alto ein besonders Geschenk: Nachdem der Papst geschwächt in mehr als 4000 Metern Höhe aus dem Flugzeug gestiegen war, hängte ihm Morales einen Beutel mit Kokablättern um. Die sollen bei Höhenkrankheit helfen - doch der 78-Jährige verzichtete auf den Konsum. Franziskus fehlt ein Teil des rechten Lungenflügels, daher war die Ankunft in der dünnen, sauerstoffarmen Luft nicht ohne Risiko.

Nach einem daher auf wenige Stunden begrenzten Aufenthalt in der Metropole La Paz ging es in die größte Stadt, Santa Cruz im Tiefland, wo ebenfalls Hunderttausende "el Papa" feierten - der Argentinier hat auf seinem Heimatkontinent quasi ein Heimspiel. Nach Santa Cruz waren auch viele Argentinier gereist.

Scharfe Kritik an Konsumgier in der Welt

Dort geißelte der Papst bei einer Messe vor über einer halben Million Menschen die Konsumgier in der Welt. Es gebe eine Logik, "alles in Käufliches zu verwandeln". Diese Logik ziele darauf ab, alle auszuschließen, "die nicht produzieren, die nicht als geeignet und würdig betrachtet werden." Besonders lobte er die Bemühungen in Bolivien für ein friedliches Zusammenleben der vielen Ethnien, in der Messe wurden auch Teile in den Indigena-Sprachen Guaraní, Quechua und Aymara vorgetragen. "Wie viel Freude bereitet es uns zu wissen, dass das Spanische, das in diese Länder gebracht wurde, heute mit 36 indigenen Sprachen zusammenlebt und sich vermischt", sagte Franziskus.

Papst Franziskus und der bolivianische Präsident Evo Morales auf dem Flughafen El Alto (Foto: Reuters)
Papst Franziskus und der bolivianische Präsident Evo Morales auf dem Flughafen El AltoBild: Reuters

In dem Zehn-Millionen-Einwohner-Land müssen rund ein Viertel der Einwohner mit zwei Dollar oder weniger am Tag auskommen - aber durch die Verstaatlichung des Erdgas-Sektors machen Bereiche wie Infrastruktur und Gesundheitsversorgung Fortschritte, das Land weist für Südamerika überdurchschnittliche Wachstumsraten auf.

Auch evangelikale Pfingstkirchen und Naturreligionen

Bolivien ist stark katholisch geprägt, es gibt aber einen großen Einfluss evangelikaler Pfingstkirchen und von Naturreligionen. Präsident Morales ist zwar auf Konfrontationskurs mit der heimischen Kirche, umschmeichelt den Papst aber als Verbündeten im Kampf gegen Armut und Ausgrenzung. Kirchliche Organisationen werfen dem ersten indigenen Präsidenten des Landes daher eine Instrumentalisierung des Papstbesuches vor. In La Paz erinnerte Franziskus an der Wegstrecke des Papamobils an den vor 35 Jahren ermordeten Ordensbruder Luis Espinal, wie Franziskus ein Jesuit. Der Konvoi stoppte an einem Kreuz, das an Espinal erinnert. "San Lucho" war ein Vorkämpfer für Demokratie, geißelte die Verbrechen der Militärdiktaturen und klagte den Drogenhandel an. Seine Mörder wurden nie gefasst.

Bolivien ist - nach Ecuador - die zweite Station der Südamerika-Reise des Papstes. Zum Abschluss wird er noch Paraguay aufsuchen.

sti/SC (dpa, kna)