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Informations-Offensive

Ursula Kissel6. Dezember 2006

Die angelsächsischen Auslandssender bekommen Konkurrenz aus Frankreich: France 24 will Menschen weltweit mit einer größeren Vielfalt an Informationen und Meinungen erreichen. Der Blickwinkel ist natürlich französisch.

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Unzählige Monitore im Sendezentrum
Der Newsroom ist das Herzstück von France 24Bild: AP

Frankreich müsse "bei der weltweiten Schlacht der Bilder in erster Reihe" stehen. Das forderte Frankreichs Präsident Jacques Chirac in den letzten Jahren mehrfach. Jetzt ist es soweit: Am Nikolaustag (Mittwoch, 6.12.2006) soll das Rotlicht der Kamera um Punkt 20.29 Uhr erstmals leuchten. Die Ansprüche an Frankreichs erstes Auslandsfernsehen sind groß: Mit französischer Sicht auf die Weltlage will der Sender gegen die britische BBC World und den US-Privatsender CNN International antreten. Mittlerweile gibt es 15 internationale News-Channels, darunter die Deutsche Welle. Und auch Al Dschasira ist seit kurzem in Englisch zu empfangen.

Nach dem Start kein Halten mehr

Das Herz des neuen Auslandssenders im Südwesten von Paris ist ein 1.000 Quadratmeter großer Newsroom. Jeweils zur Hälfte wird France 24 vom Staatsfernsehen France Televisions und dem führenden Privatsender TF1 kontrolliert. Die Macher von France 24 glauben, dass es ein steigendes Bedürfnis für eine andere Sichtweise als die angelsächsische gebe. Gesendet wird in Französisch und Englisch. Als dritte Sprache soll Arabisch im nächsten Jahr folgen.

Den Zuschauer der ersten Stunden sehen Live-Schaltungen aus dem Nahen Osten. Außerdem will der französische Präsident Jacques Chirac ein kurzes Interview geben. Er gab dem Sender im Februar 2002 den entscheidenden Anstoß zur Gründung. Die ersten eineinhalb Tage kann das Programm nur über das Internet empfangen werden, danach auch über Satellit und Kabel. Gesendet wird zunächst nach Europa, Afrika und den Nahen Osten. Später soll France 24 auch in Amerika und Asien zu empfangen sein. Wenn alles wie geplant läuft, gibt es nach dem Start kein Halten mehr: Rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche wollen die Journalisten die Weltlage begleiten.

Französische Sichtweise in die Welt tragen

Nach Jahren der Planung haben sich die 380 Mitarbeiter, darunter 170 Journalisten, in den letzten Monaten auf den Sendestart vorbereitet. Schließlich haben die Franzosen hohe Ziele: France 24-Chef Alain de Pouzilhac äußerte gegenüber Medien, der Sender werde sich bei seiner Arbeit "auf französische Werte" stützen. Auch für Chirac ist es das Ziel, "Frankreichs Werte und seine Sicht der Welt in alle Welt zu tragen". France 24 stehen im ersten Jahr 80 Millionen Euro Steuergelder zur Verfügung.

Drei Redakteure besprechen sich am Schreibtisch
Journalisten bereiten ihre Sendung vorBild: AP

France 24 und die Deutsche Welle wollen künftig zusammenarbeiten. DW-Fernsehdirektor Christoph Lanz spricht von einem gemeinsamen Talkformat zum Libanon-Konflikt. In der Sendung sollen Deutsche, Franzosen, Libanesen und Araber abwechselnd in Paris, Berlin und Beirut diskutieren. Die Deutsche Welle will im nächsten Jahr außerdem ihr arabisches Programm ausweiten.

Warten auf Chirac bei Al Dschasira

Angesichts der großen Konkurrenz von Auslandssendern wird es France 24 schwer haben, sich auf dem Markt durchzusetzen. Das meint zumindest Kai Hafez, Professor für Kommunikationswissenschaft an der Universität Erfurt. Der Medienwissenschaftler findet das offiziell von France 24 verkündete Ziel, Menschen in aller Welt zu erreichen, zu hoch gesteckt. Realistischer sei es, die afrikanischen Länder als Zielgruppe zu sehen. Im Nahen und Mittleren Osten gebe es dagegen zu viel Konkurrenz. "Und im Zweifel warten die Menschen dort eher darauf, dass Chirac bei Al Dschasira auftritt, als dass sie France 24 anschauen", so der Medienexperte.

Hafez glaubt, dass in den angelsächsischen Länder die Dringlichkeit für das Auslandsfernsehen als Kommunikationsmittel besonders hoch ist. Das sei in Frankreich und auch in Deutschland anders, so der Medienexperte: "In Frankreich läuft der Kontakt eher über Bildung, Schule, Sprache und Literatur. Und die Deutschen gehen über ihre Außenwirtschaft."