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Krisenstimmung

19. März 2009

Die Finanzkrise hat auch den westlichen Balkan erreicht. Experten rechnen mit steigender Armut, die Regierungen mit schrumpfender Konjunktur. Filip Slavkovic hat die Lage in Kroatien und Serbien unter die Lupe genommen.

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Belgrad und Zagreb schnallen den Gürtel enger

Mit sechs Prozent Wirtschaftswachstum konnten sich Kroatien oder Serbien noch im letzten Jahr rühmen. Kroatien profitierte wie immer vom Tourismus an der Adria und vom stärker werdenden Dienstleistungssektor. Serbien erlebte eine Flut direkter Auslandsinvestitionen und baute vor allem die Metallindustrie wieder auf. Im Jahr eins nach dem Zusammenbruch des amerikanischen Hypothekenmarkts rechnen Experten allerdings in beiden Ländern mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um rund drei Prozent.

Zagreb plant Etateinsparungen

Die Politik gibt dies noch ungern zu. Der kroatische Vizepremier Damir Polancec: „Unser Fokus liegt jetzt auf der Ausgabenseite.“ Allerdings könne man sicherlich nicht mehr von einem Wirtschaftswachstum sprechen. „Wie stark der Negativtrend jedoch ausfallen wird, hängt von Projekten ab, die aus dem Staatshaushalt finanziert werden. Von allen anderen Projekten werden wir uns für den Augenblick verabschieden müssen“, so Polancec. Kroatien muss, den letzten Berechnungen nach, etwa 10,5 Milliarden Kuna einsparen: Das macht knapp 1,5 Milliarden Euro oder fast zehn Prozent des Haushalts. Und das ist die Folge der globalen Finanzkrise.

Nullrunde für Staatsbedienstete

Zum einen stottert die Wirtschaft, wodurch die Einnahmen nicht wie geplant in die Staatskasse sprudeln. Zum anderen halten sich die Banken mit Krediten sowohl für die Wirtschaft als auch für den Staat stark zurück. So stark, dass sich Finanzminister Ivan Suker um die rechtzeitige Auszahlung der Gehälter sorgt: „Wir können die Löhne und Renten nur mit Mühe auszahlen, weil es einfach kein Geld auf dem Markt gibt. Wir müssen jeden Monat zwischen dem 5. und dem 15. für Löhne und Renten 5,5 Milliarden Kuna besorgen.“

Normalerweise würde Kroatien sich, wie in den letzten Jahren, das Geld leihen, um es etwa zwei Wochen später, wenn zum Ende des Monats die Einnahmen wieder steigen, zurückzuzahlen. „Heute ist so etwas nicht möglich, weil auf den Märkten einfach kein Geld ist“, sagt der Minister. Also beschloss die Regierung einen strengen Sparkurs, zuerst in den eigenen Ministerien. Nun sollen auch die Gehälter im Justizwesen um zehn Prozent gekürzt werden. Und die geplante Lohnerhöhung um sechs Prozent für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst ist vorerst vom Tisch. In den ersten beiden Monaten des Jahres 2009 sollen 35.000 Kroaten ihre Jobs verloren haben. Die Arbeitslosenquote des EU-Kandidaten liegt mittlerweile bei 14,5 Prozent, das durchschnittliche Einkommen bei 740 Euro.

Internationale Hilfe für Serbien

Die gleiche Arbeitslosenquote bei 420 Euro Durchschnittsgehalt hat Serbien. Dort werden in diesem Jahr monatlich voraussichtlich 10.000 Menschen arbeitslos werden. Weil das Wachstum von Export orientierten Automobilzulieferern und der Stahlindustrie abhängig war, wurde das Land noch härter von der schrumpfenden Nachfrage im Ausland getroffen. Die Regierung musste ebenso die geplante Privatisierung mehrerer Staatskonzerne verschieben.

In Kürze soll nun ein drei Milliarden Euro schweres Rettungspaket des Internationalen Währungsfonds geschnürt werden, so der stellvertretende Ministerpräsident Mladjan Dinkic: „Wir erwarten in diesem Jahr rund zwei Milliarden Euro für die Zentralbank, für die Stabilisierung der Finanzlage. Im nächsten Jahr soll dann noch eine Milliarde dazu kommen. Das wird psychologisch wichtig sein, um das Vertrauen der Bürger in das Finanzsystem zu stärken und mehr als genug sein, um die Stabilität unserer Währung zu garantieren.“

Hoffnung auf schnelles Ende der Krise

Der serbische Dinar verlor zwar Ende letzten Jahres innerhalb weniger Wochen 20 Prozent seines Werts, stabilisierte sich jedoch zuletzt bei etwas über einem Eurocent. Die serbische Regierung bekam schon Anfang des Monats 50 Millionen Euro Soforthilfe der Weltbank und möchte nun mit der Europäischen Investitionsbank über einen Kreditrahmen von 250 Millionen für die einheimische Wirtschaft verhandeln. Dabei hofft Regierungschef Mirko Cvetkovic, dass die Weltwirtschaftskrise bis Ende des Jahres schon wieder vorbei ist: „Sollte sie mehrere Jahre dauern, müssen wir uns strategisch auf fünf bis sechs Jahren Leben in der Krise vorbereiten.“ Das bedeute, dass Staatsausgaben mehr in Investitionen und weniger in den Verbrauch fließen müssten. Als Grund nennt Cvetkovic, dass es während der Krise keine Auslandsinvestitionen geben wird. „Also werden wir für unser Wachstum selbst sorgen müssen,“ so Cvetkovic.

Die Regierung in Serbien bereitet ihre verarmten Bürger auf weitere harte Einschnitte vor. In Kroatien hängt noch alles vom Tourismus ab: Sollten die ausländischen Gäste im Sommer kommen, wird die Rezession nicht so schlimm ausfallen.

Autor: Filip Slavkovic / Mirjana Dikic

Redaktion: Bernd Johann