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Frühere BVerG-Präsidentin Limbach tot

12. September 2016

Die frühere Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts und Leiterin des Goethe-Instituts, Jutta Limbach, ist tot. Sie starb im Alter von 82 Jahren in Berlin. Das teilte das Gericht in Karlsruhe mit.

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Jutta Limbach (Foto: dpa)
Bild: picture alliance/Ulrich Baumgarten

Jutta Limbach war die erste und bisher einzige Frau an der Spitze des obersten deutschen Gerichts. Am Samstag starb die 82-jährige Juristin in Berlin im Kreis ihrer Familie. Die Trauerfeier und die Beisetzung sollen im engsten Familienkreis stattfinden.

Die SPD-Politikerin war von 1989 bis 1994 Justizsenatorin in Berlin. Unter dem Regierenden Bürgermeister Walter Momper (SPD) wurde sie damals über die Grenzen Berlins hinaus bekannt, weil sie sie in der Auseinandersetzung mit gefangenen Terroristen der "Rote Armee Fraktion" (RAF) und deren Hungerstreiks auf Dialog setzte.

Wichtige Ämter auch in späten Jahren

1994 wechselte Limbach zum Bundesverfassungsgericht und wurde noch im selben Jahr zur Präsidentin ernannt. Mit 68 Jahren schied sie 2002 aus dem Amt. Danach wurde sie Präsidentin des Goethe-Instituts. Dieses Amt legte sie 2008 nieder. Von 2003 an war Limbach überdies Vorsitzende der nach ihr benannten Kommission zur Rückgabe von Raubkunst aus der NS-Zeit vor allem aus jüdischem Besitz.

Limbach studierte Rechtswissenschaften in Berlin und Freiburg. Sie wurde 1966 an der Freien Universität Berlin promoviert. Ihrer Habilitation im Jahr 1971 folgte 1972 die Berufung zur Professorin für bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht und Rechtssoziologie an der Freien Universität Berlin.

Expertin für Parlamentsrecht

Beim Verfassungsgericht in Karlsruhe war Limbach insbesondere für das Parlamentsrecht zuständig. Als Berichterstatterin bereitete sie unter anderem das Urteil zur Zulässigkeit von Auslandseinsätzen der Bundeswehr vor. Unter ihrem Vorsitz traf der Zweite Senat zahlreiche wichtige Entscheidungen, beispielsweise zur Strafbarkeit früherer DDR-Agenten und „Stasi“-Mitarbeiter wegen ihrer Spionagetätigkeit, zur Teilnahme Deutschlands an der europäischen Währungsunion zum Kinderexistenzminimum.

Das Bundesverfassungsgericht erklärte, Limbach habe als Präsidentin in einer Art und Weise vertreten, die Maßstäbe setzte, und zwar in einer Zeit, die für die Akzeptanz des Gerichts und seiner Rechtsprechung in der Gesellschaft nicht immer einfach gewesen sei. " Nicht nur aufgrund ihres umsichtigen und zugewandten Führungsstils, sondern auch wegen ihres engagierten öffentlichen Eintretens für die Fundamente des demokratischen Verfassungsstaates gehört sie zu den prägenden Richterpersönlichkeiten des Bundesverfassungsgerichts und genießt innerhalb und außerhalb des Gerichts höchstes Ansehen.

Merkel: bedeutende Repräsentantin des Verfassungsstaats

"Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte Limbach als "herausragende Juristin und bedeutende Repräsentantin des Verfassungsstaates". Limbach habe sich "stets für die Werte des Grundgesetzes und unserer freiheitlichen demokratischen Ordnung eingesetzt und diese immer wieder auch in der Öffentlichkeit mit viel persönlichem Engagement verteidigt", hob Merkel hervor.

Limbach erhielt für ihre Verdienste zahlreichen Ehrungen und Auszeichnungen. Dazu zählen das Große Goldene Ehrenzeichen der Republik Österreich (1998), der Preis "Justice in the World" der Internationalen Richtervereinigung (2000) und das Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (2002).

Bundespräsident Gauck würdigte Limbach als "hochgeachtete Persönlichkeit, die Demokratie, Rechtsstaat und Kultur in unserem Land zum Guten geprägt hat".

Auch internationale Anteilnahme

Ronald Lauder, der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, nannte Limbach eine "beeindruckende und willensstarke Frau". Sie habe erheblich dazu beigetragen, den guten Ruf ihres Landes im In- und Ausland zu verbessern, und habe sehr einflussreiche Positionen innegehabt. Limbach habe sich zudem sehr für die Förderung des christlich-jüdischen Dialogs engagiert.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters würdigte die Arbeit von Jutta Limbach an der Spitze der nach ihr benannten Kommission zu NS-Raubkunst. Limbach habe immer wieder den Konsens zum Ziel ihrer Arbeit gemacht und auf Verständigung gesetzt.

Justizminister Heiko Maas würdigte Limbach auf Twitter als "große Juristin":

SPD-Chef Sigmar Gabriel bezeichnete sie als "große Sozialdemokratin":

Zu großem Dank verpflichtet

Bundestags-Präsident Norbert Lammert (CDU) sagte, als Präsidentin des Goethe-Instituts sei Limbach zu einer "überzeugenden Botschafterin deutscher Kultur" geworden.

Auch das Goethe-Institut trauert um seine frühere Präsidentin. Ihr Nachfolger Klaus-Dieter Lehmann erklärte, die weltweit tätige Organisation sei der Verstorbenen zu großem Dank verpflichtet. "Jutta Limbach wusste um die entscheidende Wirkung von Sprachkompetenz für den politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Erfolg, auch und nicht zuletzt als Schlüssel zur Integration."

kle/uh (afp, epd, dpa, bundesverfassungsgericht.de)