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Ex-Enron-Chef stellt sich

Daniel Scheschkewitz, Washington D.C. 9. Juli 2004

Der frühere Chef des Energiekonzerns Enron hat sich der US-Justiz gestellt. Ob die Betrugsmanöver mit oder ohne Wissen Kenneth Lays durchgeführt wurden, müssen nun die Richter entscheiden.

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Weiter gut lachen? Kenneth Lay droht eine lange HaftstrafeBild: AP

Kenneth Lay ist wegen schweren Betruges und Insidergeschäften angeklagt und könnte lebenslang hinter Gitter wandern. Seine Firma Enron musste im Dezember 2001 Insolvenz beantragen, nachdem gefälschte Bilanzen in Milliardenhöhe aufgetaucht waren.

Kenneth Lay verhaftet
Kenneth Lay in HandschellenBild: AP

Lay hatte Enron in 15 Jahren zu einem Energieriesen aufgebaut und aus dem texanischen Unternehmen den siebtgrößten US-Konzern überhaupt gemacht. Nach Aufdeckung der Bilanzfälschungen musste Enron im Dezember die Insolvenz beantragen. Über 5000 Mitarbeiter verloren nicht nur ihren Job, sondern auch ihre Firmenrente und Aktienvermögen. Das Firmenvermögen von 70 Milliarden Dollar war auf einen Schlag so gut wie nichts mehr wert. Der Enronskandal war der Auftakt zu einer ganzen Serie von größeren und kleineren Bilanzfälschungs- und Börsenkandalen, die das Vertrauen in die Führungskräfte der US-Wirtschaft nachhaltig erschüttern sollte.

Anklage in elf Punkten

Mit dem 62-jährigen Lay, der sich am frühen Donnerstagmorgen (8.7.) dem FBI in Houston stellte, steht nun der bekannteste aller betroffenen US-Firmenchefs vor Gericht. Die Justizbehörden erhoben Anklage gegen ihn in elf Punkten, darunter Bankenbetrug, Betrug mit Wertpapieren und Täuschung. Noch wenige Monate vor dem Zusammenbruch Enrons hatte Lay vor Aktionären und Mitarbeitern von einer rosigen Zukunft des Unternehmens gesprochen.

Zweieinhalb Jahre lang hatte eine spezielle Task Force des FBI gegen Lay ermittelt, um eine stichhaltige Anklage aufzubauen. Frühere Enron-Topmanager, wie der bereits verurteilte Finanzdirektor der Firma, Andrew Fastow, sollen dabei als Kronzeugen gehört werden. John Coffee, Rechtsprofessor an der Columbia University in New York, glaubt, Lay werde sich verteidigen, indem er sage, er habe sich auf seine Buchhalter und Experten verlassen. "Wenn aber alle Topmanager in diesem Prozess das Gegenteil behaupten, dann werden die Geschworenen wohl kaum geneigt sein zu glauben, dass Lay nicht auch Bescheid wusste, schließlich handelte es sich um den größten Bilanzbetrug aller Zeiten".

Milliarden in gefälschten Bilanzen

Insgesamt wurden bei Enron Schulden von mehr als einer Milliarde Dollar in geschönten Bilanzen versteckt. Arthur Anderson, eine der angesehensten Rechnungsprüferfirmen weltweit, hatte bei Enron die Aufsicht über die Bücher. Ihnen, so werden Lays Anwälte argumentieren, habe der Firmenboss Vertrauen müssen, trotz der Warnsignale die Lay erwiesenermaßen im Laufe des Jahres 2001 von Firmenmitarbeitern erhalten hatte. Der auf seiner Unschuld beharrende Lay soll beim Handel mit Enron-Aktien zwischen 1998 und 2001 über 200 Millionen Dollar verdient haben - im gleichen Zeitraum bezog er knapp 20 Millionen Dollar an Gehalt und Prämien.

Albine Perrine gehört zu den geschädigten Enron-Beschäftigten. Sie reagiert auf die Anklageerhebung mit Genugtuung: "Wissen Sie, der Verlust ist nun mal da auch wenn ich hoffe, dass wir etwas von dem verlorenen Geld ersetzt bekommen. Aber auf jeden Fall ist es gut zu wissen, dass ihm nun Gerechtigkeit widerfährt."

Aufsicht verschärft

Kenneth Lay ging als Chef eines der größten Energiekonzerne Amerikas auch im Weißen Haus ein und aus. Die Bush-Regierung erließ im Gefolge des Enronskandals eine ganze Serie von neuen Gesetzen, mit denen die Aufsicht über das amerikanische Firmenmanagement verschärft wurde.