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Europaparlament akzeptiert neue Kommissare

Bernd Riegert, zurzeit Straßburg19. November 2004

Endlich gibt es eine neue EU-Kommission: Das Parlament in Straßburg hat am Donnerstag (18.11.04) die neu formierte Mannschaft des Portugiesen José Barroso bestätigt. Barroso bekam für seine Vorschläge ein klares Ja.

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Barroso hat wieder Grund zu lachenBild: AP

449 Ja-Stimmen, 149 Mal Nein, 82 Enthaltungen - Parlamentspräsident Josep Borell verkündete wie erwartet eine breite Mehrheit aus Konservativen, Sozialisten und Liberalen für die neue EU-Kommission. Mit drei Wochen Verspätung wird das 25-köpfige Gremium, in das jeder EU-Staat einen Vertreter schickt, wahrscheinlich am kommenden Montag (22.11.) das Amt antreten.

"Enorme Verantwortung"

José Barroso, der nach heftiger Kritik des Parlaments vor drei Wochen zwei Kommissare austauschen musste und die Ressortzuteilung leicht veränderte, war nach der Abstimmung erleichtert. "Ich darf ihnen sagen, dass ich dieses Vertrauen als enorme Verantwortung begreife. Wir werden hart arbeiten. Es liegt viel Arbeit vor uns und wir werden sofort damit beginnen", sagte Barroso nach der Abstimmung.

Zwei neue Kommissare

EU-Kommissar für Justiz- und Innenpolitik Franco Frattini
Franco Frattini: Ersatz für den umstrittenen Rocco ButtiglioneBild: AP

Barroso hatte die italienische Regierung dazu gebracht, ihren umstrittenen Kandidaten Rocco Buttiglione durch den geschmeidigen Außenminister Franco Frattini zu ersetzen. Lettland beschloss, statt Ingra Udre seinen EU-Botschafter Andris Piebalgs zu schicken. Ungarn beharrte allerdings auf Laszlo Kovacs. Der ehemalige Außenminister hat aber statt des Ressorts Energie nun die Zuständigkeit für Steuerfragen bekommen.

Erfolg für das Parlament

Der Vorsitzende der Sozialistischen Fraktion, Martin Schulz, sieht diese Zugeständnisse José Barrosos und der nationalen Regierungen als großen Erfolg. In den letzten drei Wochen habe sich das Parlament in Straßburg wichtige Rechte erkämpft. "Darauf können wir alle gemeinsam stolz sein. Denn wir haben einen Trend gestoppt: den Trend zur Übermacht von Regierungen in der Europäischen Union", sagte Schulz.

Die ehemalige niederländische Verkehrsministerin und künftige EU-Kommissarin Neelie Kroes
Zu viele Verbindungen? Neelie KroesBild: dpa

Allerdings behält die niederländische Kommissarin Neelie Kroes die Zuständigkeit für Wettbewerb und Kartellfragen, obwohl ihr von vielen Fraktionen Befangenheit vorgeworfen wurde. Kroes saß in zahlreichen Aufsichtsräten von Großunternehmen und war als Unternehmensberaterin tätig. Vor allem wegen der Wettbewerbskommissarin blieben extreme Linke und die Grünen bei ihrem Nein zur Barroso-Kommission.

Kritik prüfen

Die größte Fraktion, die Konservativen, hatten ihren Parteifreund Barroso von Anfang an gestützt. Der Vorsitzende der Konservativen Hans-Gert Pöttering versprach, man werde "positiv kritisch" an Barrosos Seite stehen. "Wir werden aber auch entschlossen sein, unsere parlamentarische Kontrolle wahrzunehmen", sagte Pöttering. Der neue EU-Kommissionpräsident José Barroso versprach, Kritik an einzelnen Kommissaren werde er sehr ernst nehmen und gegebenenfalls deren Rücktritt prüfen.

Das Parlament forderte in einer Entschließung mehr Mitspracherechte bei der Auswahl von EU-Kommissaren. Barroso erinnerte daran, dass er nicht nur dem Parlament, sondern auch dem Rat, also den Regierungen der Mitgliedsstaaten gegenüber, eine Verantwortung habe. "Es ist nicht möglich, dass alle mit allen Ergebnissen absolut zufrieden sind. Es ist immer nötig, einen Kompromiss zu finden", sagte Barroso.

Endlich Urlaub!

Die neue EU-Kommission will sich vor allem um Wirtschaftswachstum und Beschäftigung, die so genannten Lissabon-Ziele, kümmern. Deutscher Kommissar bleibt der bisherige Erweiterungskommissar Günter Verheugen, der für Industriepolitik zuständig sein wird und zu einem der Vizepräsidenten der Kommission aufrückt.

In Brüssel waren vor allem die scheidenden Kommissare erleichtert, die seit drei Wochen geschäftsführend im Amt waren: Sie können jetzt mit Verzögerung ihre neuen Posten antreten oder, wie der österreichische Agrarkommissar Franz Fischler, endlich einen langen und lange geplanten Urlaub auf Bali antreten.