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Europäisches Sozialforum sucht die bessere Welt

Klaus Feldkeller11. November 2003

Sind Menschlichkeit und soziales Verhalten in einer globalisierten Welt möglich? Und wie können Kriege geschlichtet und Frieden geschaffen werden? Das 2. Europäische Sozialforum in Paris sucht Antworten darauf.

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Globalisierungsgegner bei der ArbeitBild: dpa

Der Großraum Paris ist nicht zufällig der Schauplatz der Neuauflage des Europäischen Sozialforums. In der französischen Hauptstadt wurde vor fünf Jahren die globalisierungskritische Organisation "attac" aus der Taufe gehoben, die Keimzelle der zivilen Protest-Bewegung. Zehntausende Teilnehmer von Nicht-Regierungs-Organisationen, sozialen Bewegungen, kirchlichen Gruppen und Gewerkschaften werden in Paris erwartet. Sie wollen vom 12.-16. November die Arbeit des diesjährigen Weltsozialforums im brasilianischen Porto Alegre fortsetzen. So geht es auch beim "2. Europäischen Sozialforum" um die gerechte Ausgestaltung der weltwirtschaftlichen Globalisierung und um den Entwurf eines "anderen Europas“.

Für eine gerechtere Welt

Auf der Agenda des Sozialforums stehen erneut die Themen Menschenrechte, Gesundheit, Ernährung und Bildung. Ein besonderer Schwerpunkt in diesem Jahr wird die "Europäische Versammlung" sein, die sich mit den globalen Rechten der Frauen befassen wird. Hierzu finden rund um Paris zahllose Konferenzen, Seminare und Workshops statt. Im Mittelpunkt der Veranstaltungen steht eine Friedenskonferenz, die zivile Formen der weltweiten Konfliktlösung formulieren soll. Daneben werden sich die Teilnehmer mit einer Sozial-Charta und mit der Diskussion über die "Festung Europa" befassen. Hier soll es um Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gehen. Es wird diskutiert, debattiert, ausgetauscht und gestritten, um einen alternativen Weg zu einer gerechteren Welt zu entwickeln.

Gegen die Privatisierung öffentlicher Güter

Nach der gescheiterten Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) im mexikanischen Cancun soll in Paris gegen die weiter geplante globale Liberalisierung der Dienstleistungen von öffentlichen Gütern wie sauberes Wasser und Energie protestiert werden. Das "General Agreement on Trade and Services" (GATS) wurde vor acht Jahren in das internationale Regelwerk aufgenommen. Das Abkommen hat zum Ziel, sämtliche Dienstleistungssektoren wie Elektrizitätswerke, Krankenhäuser und den öffentlichen Nahverkehr zu privatisieren und für den internationalen Wettbewerb zu öffnen. Die Kritiker beim Europäischen Sozialforum beklagen, dass das Abkommen weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt worden ist.

Jens Loewe vom "Netzwerk weltweite Projekte" hat konkrete Vorstellungen: "Was ich im ganz Speziellen erreichen möchte, ist, wie man per Bürgerentscheid den Ausverkauf des öffentlichen Eigentums in den Kommunen verhindern kann. Das Problem, was ich im Zusammenhang mit dem GATS-Abkommen sehe, ist, dass das öffentliche Eigentum in unseren Städten immer schneller verhökert wird - das Tafelsilber, also Wasser und Bildung und Busse und Bahn, Elektrizität. Wir möchten zusammen mit der Organisation "Mehr Demokratie" im Vorfeld mit Bürgerentscheiden vermeiden, dass ihre Kommune zum Beispiel ihr Wasser verkauft."

Das Ganze soll ohne Gewalt verlaufen

Das erste Europäische Sozialforum fand im November 2002 in Florenz statt. Damals wurden große Sicherheitsvorkehrungen getroffen: Nach den gewaltsamen Ausschreitungen beim G-8-Treffen vor zwei Jahren in Genua hatte die italienische Regierung die toskanische Metropole kurzerhand zum Hochsicherheitstrakt erklärt. Trotz dieser Befürchtungen - namentlich von Ministerpräsident Berlusconi - entwickelte sich die Premiere des bunten Treffens der europäischen Globalisierungskritiker mitnichten zur Radau-Tribüne von gewaltbereiten Chaoten.

Zum Abschluss des Forums reihten sich auch ganz normale Bürger aus Florenz in die friedlichen Reihen von 500.000 Demonstranten in die Abschluss-Kundgebung ein. Trotzdem haben Organisationen wie "attac" immer noch mit Anschuldigungen in der Öffentlichkeit zu kämpfen, ihre sozialen Protesten seien von Kriminellen und Schlägern unterwander. "Die Vorwürfe überraschen uns eigentlich, weil diese Bewegung antritt als eine Diskussions-, eine Bildungsbewegung", sagt Hugo Braun vom deutschen Zweig "attacs". "Wir sind nicht diejenigen, die jetzt militante Aktionen im Vordergrund haben. Wir sind für zivilen Ungehorsam als ein Mittel der Politik, als ein Mittel auch um in die Medien zu kommen. Aber wir möchten natürlich mit Argumenten überzeugen und nicht mit Steinwürfen."