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EU im Stammzellen-Streit

18. November 2003

Das EU-Parlament präsentiert sich gespalten über die strittige Frage, ob Forschung mit embryonalen Stammzellen aus Gemeinschaftsmitteln gefördert werden soll. Vor allem der Industrieausschuss fordert Gelder.

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Stammzellen als Forschungsobjekt?Bild: AP

Im Kern geht es um die Frage, ob und - falls ja - unter welchen Voraussetzungen Projekte zur Forschung mit Stammzellen aus Mitteln des 6. Forschungsrahmenprogramms der EU bezuschusst werden dürfen. Die Meinungen im Parlament gehen in dieser Frage weit auseinander, so dass das Votum sehr knapp ausfallen dürfte. Der Rechtsausschuss lehnt dies kategorisch ab. Der zuständige Industrieausschuss hingegen befürwortet eine weitgehende EU-Förderung. Das Parlament hat in dieser Frage kein Mitbestimmungsrecht.

Kompromiss mit Stichtag

Der Kommissionsvorschlag vom vergangenen Juli sieht als Stichtag den 27. Juni 2002 vor. Unter Auflagen sollen Forschungsvorhaben mit EU-Mitteln gefördert werden, wenn dabei Stammzellen von überzähligen Embryonen verwendet werden, die zu diesem Zeitpunkt bereits bestanden. Der Stichtag entspricht dem Datum, an dem das 6.EU-Forschungsrahmenprogramm verabschiedet und als Fördersumme für Biotechnologie rund 2,3 Milliarden Euro bis 2006 festgelegt wurde. In Deutschland dürfen embryonale Stammzellen nur eingeführt und für Forschungszwecke genutzt werden, die vor dem 1. Januar 2002 gewonnen wurden. Der Industrieausschuss forderte mit 28 zu 23 Stimmen die Streichung des Stichtags. Damit würde die weitere Vernichtung von Embryonen für Forschungszwecke ermöglicht.

Der Industrieausschuss prescht vor

Auch die Forschung mit "Stammzellen oder Föten aus spontanen oder medizinisch notwendigen Schwangerschaftsabbrüchen" sollten grundsätzlich von der EU gefördert werden. Dabei soll allerdings sichergestellt werden, dass den Spenderinnen "keine finanzielle Leistung, Sachleistung oder sonstige Vergütung" gewährt oder versprochen wird. Das Parlament will damit gewollte Abbrüche zur Lieferung von Embryonen an die Forschung unterbinden. Grundsätzlich sollen Forschungsprojekte den Vorrang haben, die adulte Stammzellen - etwa aus dem Rückenmark - verwenden.

Der Berichterstatter des Ausschusses, Peter Liese (CDU), plädiert für einen Kompromiss. Demnach soll eine Stichtagsregelung beschlossen werden, die nicht für die Embryonen gilt, sondern für die Stammzellen - wie dies bereits in Deutschland der Fall ist. Da die Zellen in fast unbegrenzter Zahl im Labor vermehrt werden können, würde dies "mehr Stammzellen verfügbar machen" und gleichzeitig die Zerstörung von Embryonen für die Forschung vermeiden helfen. Es müsse verhindert werden, dass "Embryonen mit europäischen Steuergeldern" vernichtet werden, warnt Liese, der selbst Arzt ist und im Europaparlament die Arbeitsgruppe Bioethik leitet.

Fauler Kompromiss

Sollte sich der Vorschlag des Industrieausschusses durchsetzen, wäre dies "skandalös", betont die Grünen-Abgeordnete Hiltrud Breyer. Denn dann würden auch die deutschen Steuerzahler, die ein Fünftel zum EU-Haushalt beisteuern, Experimente mitfinanzieren, die im eigenen Land illegal sind. Nach Überzeugung der Saarländerin geht es den Befürwortern dieser Subventionen vor allem darum, die Forschung mit embryonalen Stammzellen "salonfähig" zu machen. 'Wenn das Parlament dem zustimmt, wäre dies ein "ethischer Dammbruch", fürchtet sie. (arn)