1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Es wurde scharf geschossen in Usbekistan

13. Mai 2005

Das Militär der zentralasiatischen Republik Usbekistan hat einen Aufstand gegen die Staatsführung blutig niedergeschlagen. Im Fergana-Tal wollten Aufständische und Zehntausende Demonstanten mehr Demokratie erzwingen.

https://p.dw.com/p/6dmg
Mit Waffengewalt gegen die AufständischenBild: AP


"Sowohl die Demonstranten als auch die Aufständischen, die sich in der Gebietsveraltung verschanzt hatten, wurden aus gepanzerten Fahrzeugen, automatischen Waffen und Gewehren beschossen", sagte der Anwalt Saidschachon Sainabitdinow. Es seien hunderte Tote und Verletzte zu befürchten. Augenzeugenberichten zufolge schossen die Soldaten in der Stadt Andischan wahllos auf Menschen, darunter Frauen und Kinder. Der Chef einer Menschenrechtsorganisation, Lutfulo Schamsutdinow, sagte, er habe gesehen, wie etwa 200 Leichen mit Lastwagen abtransportiert worden seien.

Aufstand in Usbekistan blutig niedergeschlagen
Bild: AP

Der Angriff des Militärs richtete sich vor allem gegen das von bewaffneten Aufständischen besetzte Gebäude der Gebietsverwaltung. Zehntausende Demonstranten auf dem zentralen Platz von Andischan hatten gegen einen umstrittenen Extremismus-Strafprozess protestiert und den Rücktritt des autoritären Staatschefs Islam Karimow gefordert. "Wir sind keine Extremisten. Wir wollen Demokratie und Arbeit", riefen die Kundgebungsteilnehmer.

Verhärtete Fronten

Angeblich soll Staatspräsident Karimow persönlich nach erfolglosen Verhandlungen mit den Aufständischen den Befehl zum harten Durchgreifen gegeben haben. Das berichtet zumindest die Internet-Agentur Fergana.ru. Er kehrte nach der Militäraktion zurück in die Hauptstadt Taschkent. Bürger in Andischan sagten, Polizei und Armee hätten den Tag über nicht versucht, mit den Aufständischen zu reden.

In der Nacht auf Freitag hatten zunächst bewaffnete Banden Waffen aus einer Kaserne in Andischan geraubt und damit die Freilassung tausender Häftlinge aus einem Gefängnis erzwungen. Ziel war es, 23 als religiöse Extremisten angeklagte Geschäftsleute zu befreien. Am Morgen besetzten die Bewaffneten die Gebietsverwaltung in Andischan. Die einzige Verbindungsstraße zur 300 Kilometer entfernten Hauptstadt Taschkent wurde gesperrt.

Russland pro Staatsmacht

Das russische Außenministerium stellte sich auf die Seite der Staatsmacht: Russland sicherte Karimow Solidarität zu und verurteilte den Angriff der "extremistischen Aufständischen". Andischan liegt im islamistisch geprägten Fergana-Tal nahe der Grenze zu Kirgisien. Das Tal ist eine arme Gegend: Islamische Extremisten haben Zulauf. Obendrein ist das Tal die am dichtesten besiedelte Region Zentralasiens. Die Stadt Andischan allein hat 300.000 Einwohner.

Karte von Usbekistan
Karte von UsbekistanBild: APTN

Der seit 15 Jahren als Präsident regierende Karimow hat einen gemäßigten Staatsislam angeordnet und lässt seine Sicherheitsdienste mit großer Härte gegen Oppositionelle vorgehen. Amnesty International schätzt die Zahl der inhaftierten Regimegegner auf etwa 8000. Die Menschenrechtsorganisation wirft der Regierung in Taschkent Folter und Misshandlungen von Häftlingen vor.

Die Europäische Kommission hat der Regierung von Usbekistan eine Mitschuld am Ausbruch der Revolte im Osten des Landes gegeben. "Wir sind besorgt über den Ausbruch von Gewalt", sagte ein Kommissionssprecher am Samstag in Brüssel. "Die aktuelle Lage ist auch ein Ergebnis des Mangels an Respekt der Regierung für die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit."

Internationale Truppen im Land

Die usbekische Führung kooperiert eng mit den USA im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. In der früheren Sowjetrepublik sind unter anderem Soldaten aus den USA und Deutschland stationiert. Die etwa 300 Bundeswehrangehörigen versorgen von der südusbekischen Stadt Termes aus die Truppen im benachbarten Nordafghanistan. (arn)