1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Es geht um die einzelnen Schicksale"

20. Januar 2005

Deutschland hat mit einem Staatsakt der Opfer der Flutkatastrophe in Asien gedacht. Bundespräsident Köhler rief dazu auf, neu über die Zusammenarbeit der Staatengemeinschaft nachzudenken.

https://p.dw.com/p/68zX
Blumen und ein leerer Stuhl zum Gedenken an die VermisstenBild: AP

"Wir trauern um die Toten aus Deutschland. Und wir trauern um die vielen Toten aus Indonesien und Sri Lanka, aus Indien, Thailand und den anderen Ländern rund um den Indischen Ozean", sagte Bundespräsident Horst Köhler am 20.1.2005 beim Staatsakt im Bundestag. Die furchtbare Katastrophe "hat uns alle tief getroffen", auch wenn sie sich weit entfernt von Deutschland abgespielt habe.

An der Gedenkstunde nahmen Angehörige von Opfern, Vertreter von Hilfsorganisationen und Botschafter der betroffenen Staaten teil. Auch das Bundeskabinett, die Ministerpräsidenten der Bundesländer, Repräsentanten der Kirchen sowie die Bundestagsabgeordneten waren anwesend. Bundesweit war Trauerbeflaggung angeordnet worden.

Frieden ist Grundlage für Wiederaufbau

Mit Blick auf die mehr als 220.000 Opfer der Katastrophe mahnte Köhler, es gehe " nicht um Zahlen, es geht um die vielen einzelnen Schicksale, die hinter diesen Zahlen stehen". Die Flut habe "abertausende Bindungen zwischen Menschen zerrissen". Furchtbar sei auch die Anspannung für Verwandte und Freunde von Vermissten. "Wir bangen mit ihnen, auch wenn von Tag zu Tag die Hoffnung kleiner wird", sagte Köhler. Zum Gedenken an die Vermissten lagen bei dem Staatsakt Blumen auf einem leeren Stuhl.

Staatsakt im Bundestag Horst Köhler
Bundespräsident Horst Köhler spricht im Deutschen BundestagBild: AP

Der Bundespräsident rief dazu auf, angesichts der Flutkatastrophe neu über die Zusammenarbeit der Staatengemeinschaft nachzudenken. "Wann - wenn nicht jetzt - werden wir die Kraft finden, unser Handeln auch als Weltinnenpolitik zu verstehen?" Überall auf der Welt gebe es Not. Die Erwartungen und Hoffnungen müssten noch weiter gehen, sagte Köhler und sprach die Bürgerkriege in Sri Lanka und der indonesischen Provinz Aceh an. In den ersten Stunden und Tagen der Flut hätten sich Menschen aus verfeindeten Gruppen spontan geholfen. Diesen menschlichen Impuls sollten die Konfliktparteien aufgreifen. "Erst dann kann der Wiederaufbau ein Erfolg werden."

Köhler lobt Spendenbereitschaft

Köhler dankte den Helfern, die in den Katastrophengebieten "Unglaubliches" geleistet hätten, und würdigte die Arbeit des Auswärtigen Amts. Ausdrücklich hob er die Hilfsbereitschaft der Deutschen hervor. Millionen privater Spender hätten eine gewaltige Summe zusammengebracht.

Die Bundesregierung habe insgesamt 500 Millionen Euro Fluthilfe bereitgestellt. "Angesichts des Ausmaßes der Katastrophe ist das ein angemessener Betrag für unser Land, das - trotz aller Schwierigkeiten - stark und leistungsfähig ist."

Mit den umfangreichen Hilfsgeldern sei jetzt eine große Verantwortung verbunden. "Es muss gelingen, dass die zerstörten Küstenregionen nachhaltig wieder aufgebaut werden, dass vor allem bedürftige Familien Unterstützung bekommen, dass Kinder nicht in die Hände von Menschenhändlern geraten, dass ein Tsunami-Frühwarnsystem aufgebaut wird und dass sich niemand auf Kosten der Not leidenden bereichert", sagte der Bundespräsident.

Wichtig sei auch, dass die Menschen in den Katastrophengebieten nach erster lebensnotwendiger Soforthilfe die Aufbauarbeit selbst in die Hand nähmen. Das Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe gelte auch in diesem Fall. (stl)