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Iraner hoffen auf Atomdeal

Omid Rezakhani26. Juni 2015

Das zähe Ringen um eine Einigung im Atomstreit mit dem Iran, muss ein Ende haben. Dann wird sich auch die Lage der Menschenrechte verbessern. Das zumindest ist die Überzeugung prominenter Iraner.

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Lausanne Atomverhandlungen Abschlußstatement Gruppenbild
Bild: Getty Images/AFP/F. Coffrini

Schon zwölf Jahre dauert der Streit um das iranische Atomprogramm. Bis Ende des Monats hat die sogenannte 5+1 Gruppe - also die fünf permanenten Mitglieder des Weltsicherheitsrats und Deutschland - noch Zeit, das vor drei Monaten geschlossene Rahmenabkommen um die notwendigen, aber kniffligen technischen Details zu ergänzen. Die Weltgemeinschaft will sicherstellen, dass der Iran sein Atomprogramm ausschließlich zu friedlichen Zwecken nutzt. Atomwaffen soll das Land nicht erlangen können. Teheran wiederum erhofft sich die Aufhebung der umfassenden Sanktionen, die seit Jahren die Wirtschaft der der Nation knebeln.

Vertreter der iranischen Zivilgesellschaft wünschen sich einen Erfolg der Verhandlungen. Das ist das Ergebnis einer Befragung von Menschenrechtsaktivisten, Journalisten, Künstler und Wissenschaftler durch die "International Campaign for Human Rights in Iran". Alle 28 Teilnehmer sind für ihre kritische Haltung gegenüber dem politischen System im Iran bekannt. Etliche saßen im Gefängnis.

Autokorso mit jubelnden Menschen in Teheran
Nach dem Rahmenabkommen von Lausanne war die Freude der Menschen in Therean großBild: picture-alliance/AP/Vahid Salemi

Atomprogramm und Menschenrechtslage

Die Befragten seien nicht so naiv zu glauben, dass ein erfolgreicher Abschluss der Verhandlungen automatisch die Menschenrechtslage im Iran verbessern würde, betont Hadi Ghaemi, Direktor der "International Campaign for Human Rights in Iran“ im Gespräch mit DW. Dennoch würden sie in einer Aufhebung der Sanktionen die Voraussetzung dafür sehen, dass sich im Lande etwas zum Besseren ändern kann.

Nach Ansicht der Befragten gibt es nämlich einen direkten Zusammenhang zwischen der Verbesserung der Menschenrechtslage und der Wirtschaft. Solange die Gesellschaft den enormen Druck der Sanktionen tragen muss und die Wirtschaft am Boden ist, kann sich die Gesellschaft nicht bewegen.

Chance oder Gefahr?

Zu den Unterstützern der Atomverhandlungen gehört etwa die prominente iranische Anwältin Nasrin Sotudeh. Sie ist überzeugt, dass dieser friedliche Weg die beste Option für den Iran ist. Im Gespräch mit DW fügt sie hinzu: "Wir hoffen, dass die iranischen Regierung, nachdem sie mit den Verhandlungen einen Erfolg erzielt hat, mit ihren Kritiker im Land in einen Dialog tritt."

Manche Experten fürchten allerdings, ein Erfolg der Verhandlungen und die Aufhebung der Sanktionen könnten die Hardliner im Iran stärken. Sie hätten dann mehr Ressourcen, um such auf die Unterdrückung ihrer Kritiker im Land zu konzentrieren. "Diese Möglichkeit beunruhigt mich auch", sagt Sotudeh, "aber selbst dann wäre es besser als jetzt. Die Wirtschaftsanktionen haben die soziale Ungerechtigkeit im Iran enorm verschärft. Korruption und Vetternwirtschaft haben einen fruchtbaren Boden gefunden. Die Sanktionen sollten aufgehoben werden, damit die iranische Gesellschaft überhaupt atmen kann.“

Fehlinvestition Atomprogramm

Der Zustand der iranischen Wirtschaft ist katastrophal. Daran seien aber nicht allein die Sanktionen schuld, meint der Teheraner Politologe und Journalist Sadegh Zibakalam. Der Iran habe viel zu viel in das Atomprogramm investiert. "Die Machthaber haben das Atomprogamm zu einem nationalen Symbol aufgeblasen und erlauben keine kritische Nachfrage", so der Politologe weiter.

Tatsächlich hat der Iran in den letzten rund vier Jahrzehnten mehrere Milliarden Euro in das Atomprogramm investiert. Eine wissenschaftliche Begründung und Rechtfertigung des Programms aber wurde bis heute weder veröffentlicht noch unter Experten diskutiert.

Für seine Kritik an dem Atomprogram wurde Sadegh Zibakalam letztes Jahr zu zwölf Monaten Gefängnis verurteilt. Dabei hatte er nur gefragt, warum all das Geld, das in das Atomprogramm geflossen ist, nicht in die Infrastruktur investiert würde. Auch Zibakalam wünscht sich einen Erfolg der Atomverhandlungen.

Iranische Atomanlage mit Flagge
Das Atomprogramm hat Milliarden verschlungenBild: dapd

Das Atomprogram überdenken

Professor Ahmad Shirzad ist ehemaliger Parlamentsabgeordneter, Kernphysiker und einer der bekanntesten Kritiker des iranischen Atomprogramms. Auch er wünscht sich einen Erfolg bei den Verhandlungen. "Wenn dieser Streit beigelegt würde, könnten wir in aller Ruhe gucken, ob wir die Atomenergie überhaupt brauchen."

Wie Zibakalam bezweifelt auch Shirzad den Sinn großer Investitionen in die Nuklearenergie. Der Iran besitzt die zweitgrößten Gasreserven und die viertgrößten Ölreserven der Welt. "Und bislang haben wir kaum in alternative Formen der Energiegewinnung wie Wind- oder Solarenergie investiert“, so der studierte Kernphysiker weiter. Professor Shirzad ist vorsichtig optimistisch. Er glaubt, ein versöhnliches Ende des Streits um das iranische Atomprogramm wird das Verhalten der Machthaber im Iran beeinflussen, wenn auch nur minimal.

Sollte die Hürde der Atomverhandlungen genommen sein, müsste die Lage der Menschenrechte wieder stäkren in den Fokus rücken. Ghaemi der Direktor, der die Studie in Auftrag gegeben hat, fordert den Westen auf, jede Verbesserung der Beziehungen mit dem Iran über das Abkommen hinaus von der Lage der Menschenrechte im Iran abhängig zu machen. "Der Westen soll die Zivilgesellschaft auf ihrem langen Weg zur Demokratie unterstützen."